Adventserie Zuversicht | Teil 5
Weihnachten lehrt das Leben lieben

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An Weihnachten feiern wir Gottes leise Gegenwart. Sie findet sich auch in einem
Neugeborenen.

Alle Jahre wieder feiern Christinnen und Christen die Geburt Jesu Christi. Alle Jahre wieder feiert meine Ordensgemeinschaft an Weihnachten auch ihr Titularfest. Weihnachten gibt gewissermaßen den Titel, das leitende Motto von uns Salvatorianerinnen an.Doch was wird zu Weihnachten eigentlich gefeiert? Und vor allem: Welches Licht kann dieses Fest auf unseren Alltag werfen, wenn die Kerzen am Tannenbaum erloschen und die Christbaumkugeln in Kisten verstaut sind?

Gott macht sich auf den Weg zu uns.
An Weihnachten feiern wir, dass Gott
die Freundschaft des Menschen sucht.
Dass er sich auf den Weg zu uns macht und unsere Lebensbedingungen teilt:
Geburt und Wachstum, Familie und Beziehungen, Feste und Abschiede, Glück und Misslingen, Krankheit und Tod …
Eine von der Menschwerdung Gottes geprägte Spiritualität gibt unserem Leben einen neuen Glanz.

„Das Allerheiligste“ lässt sich überall finden. Der Evangelist Lukas erzählt, dass bei der Geburt Jesu die Engel das Gloria auf den Feldern von Betlehem anstimmen (vgl. Lukas 2,8–14). Eigentlich etwas Unerhörtes, denn der Gloriagesang entstammt der Tempelliturgie – und nun ertönt er mitten im allergewöhnlichsten Umfeld, zwischen blökenden Schafen und wachenden Hirten …

Diese Erzählung verdeutlicht bildhaft:
In der Menschwerdung hat Gott die Trennung von Weltlichem und Göttlichem endgültig überwunden. Es gibt keinen Graben mehr zwischen dem Heiligen und dem
Profanen; zwischen kultisch Reinem und Unreinem!

Ein aufgeklärter Mensch des 21. Jahrhunderts kann sich kaum noch vorstellen, welche
Kulturrevolution diese weihnachtliche Botschaft ausgelöst hat. Wer jedoch eine Zeitlang etwa im hinduistischen oder islamischen Kulturkreis gelebt hat, ahnt, welch befreiender Umsturz in ihr liegt. Aber auch in den Kirchen gilt bis heute: Nicht nur der frommen Bildwelt, sondern auch vielen Christinnen und Christen fällt es schwer, Gottes Gegenwart im Alltäglichen zu entdecken. Manche Maler der Geburt Jesu stellen eher einen vom Himmel gefallenen Wunderknaben dar als das schmerzliche Geschehen einer menschlichen Geburt.

Doch genau das feiern wir an Weihnachten: Gottes leise Gegenwart – das „Allerheiligste“ – lässt sich finden in den Augen eines geburtswunden Kindes und in der Eucharistie; in den Schreien einer gebärenden Frau und im Glück der Liebenden.

Göttlicher Glanz.
Die Spiritualität von Weihnachten bedeutet: Das ganz normale menschliche Leben, ausgespannt zwischen einer blutigen Geburt und den letzten Atemzügen eines Menschen, ist kein spirituelles Niemandsland. Vielmehr kann alles Menschliche zu einem Ort werden, um Gott zu begegnen. Ein solcher Glaube weckt Hoffnung und Zuversicht. Und er ermutigt, das eigene Leben mit all seinen Fasern – mit seiner Schönheit und seinem Schrecken – zu bejahen. Denn es hat einen göttlichen Glanz.

Melanie Wolfers | Foto: Ulrik Hölzel
Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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