Wem schreibt Paulus seine Briefe? | Teil 07
Neue Medien und ein ermordeter Gott

Der Weiße Turm, erbaut im 16. Jahrhundert in der venezianischen Epoche der Stadt, ist heute das Wahrzeichen am Hafen. | Foto: Tsakalidis
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  • Der Weiße Turm, erbaut im 16. Jahrhundert in der venezianischen Epoche der Stadt, ist heute das Wahrzeichen am Hafen.
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Der erste Brief an die Thessalonicher ist das älteste erhaltene Schriftstück des Christentums. Damit gelingt Paulus ein weiterer innovativer und für die Ausbreitung des Evangeliums höchst bedeutsamer Schritt. Neben dem persönlichen Zeugnis für Christus an den Orten, die er bereist, der Gründung von Gemeinden und der Öffnung des Glaubens für die Heiden nach dem Überschreiten der Schwelle nach Europa entdeckt er nun das Medium des Briefes, um mit bereits bestehenden Gemeinden in Kontakt zu bleiben.

Darüber hinaus wirkt ein Brief nachhaltiger als gesprochene Worte und kann mehr Menschen erreichen. Nach antiker Gepflogenheit sind Briefe immer zum öffentlichen Verlesen gedacht – besonders, wenn sie an Gemeinden adressiert sind. Es ist auch intendiert, dass solche Briefe unter den Gemeinden ausgetauscht und weitergegeben werden. Im Kolosserbrief wird das sogar ausdrücklich empfohlen.

Paulus kommt im Jahr 50, auf seiner zweiten Missionsreise, nach Thessalonich. In bewährter Weise sucht er die Synagoge auf, um Menschen für Christus zu gewinnen. Schnell wird er jedoch von Juden, die gegen ihn Stimmung machen, zur Weiterreise gezwungen. Da eine baldige Rückkehr nicht ratsam wäre, lässt er sich von Timotheus über die Vorgänge in Thessalonich informieren. Ein halbes Jahr später schreibt Paulus von Korinth aus einen Brief an die junge Gemeinde. So kann er auch in seiner Abwesenheit auf deren Entwicklung einwirken. Der Apostel lobt die thessalonische Gemeinde als „Vorbild für alle Gläubigen in Mazedonien“, spricht ihr in Anfeindungen Mut zu und gibt Empfehlungen für ein christliches Leben.

Im breiten Spektrum der heidnischen Kulte stach in Thessalonich der des Kabiros heraus. Dieser junge, von seinen Brüdern ermordete Gott, der aus dem Totenreich zurückkommen sollte, um die Machtlosen zu befreien, fand vor allem bei den kleinen Leuten breite Verehrung. In römischer Zeit etablierte sich der Kabiros-Kult jedoch zur offiziellen Stadtreligion und wurde so der Unterschicht entzogen. Geschickt versucht Paulus, die entstandene Lücke mit Christus zu besetzen, dem ebenfalls ermordeten Gottessohn, dessen Wiederkunft als alles Unrecht ausgleichender Richter erwartet wird. Der erste Thessalonicherbrief steht ganz im Zeichen der Naherwartung.

Der Weiße Turm, erbaut im 16. Jahrhundert in der venezianischen Epoche der Stadt, ist heute das Wahrzeichen am Hafen. | Foto: Tsakalidis
Über einem römischen Bad wurde die dem hl. Dimitrios geweihte Kathedrale erbaut. Die beeindruckenden Reste der Thermenanlage können heute besichtigt werden. | Foto: Marian
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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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