Mission hier und anderswo | Teil 3
Mitten unter den Menschen
Sr. Raphaela Leitzinger stammt aus Bad Radkersburg und lebt seit 16 Jahren als Schulschwester in Brasilien.
Sie sind als Schulschwester in Brasilien: Was ist Ihre Mission?
Ich lebe nun schon seit 16 Jahren in Brasilien. Ich arbeite hauptsächlich in der Verwaltung in unserem Provinzhaus hier in Araraquara. Meine Mission hier sehe ich darin, bei den Menschen zu sein: zuhören, helfen, für sie da sein, beistehen in schwierigen Situationen, mit ihnen lachen und weinen ... Wie unsere Gründerin uns hinterlassen hat: „Mitten unter den Menschen leben und wirken.“ Ich helfe einigen Familien mit Lebensmittelpaketen, Medikamenten und bezahle, wenn möglich, die Stromrechnung, bevor ihnen der Strom abgeschaltet wird. Manchmal braucht es einfach nur ein offenes Ohr.
Mit Unterstützung von Schwestern, Freunden und Bekannten aus Österreich ist es möglich, diese Arbeit zu leisten – dafür möchte ich Danke sagen. Schon meine Vorgängerin, Sr. Anita Posch aus Bairisch Kölldorf, hat sich sehr für diese Arbeit mit den Familien eingesetzt. Nach ihrem Tod 2012 habe ich das geerbt und führe es, so gut ich kann, weiter. Leider ist es nicht immer möglich, allen zu helfen, die es bräuchten. Es fällt mir sehr schwer, wenn ich jemanden wegschicken muss.
Wir haben Heime, in denen Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien betreut werden. Hier bekommen sie neben geregelten Mahlzeiten (was sie zu Hause oft nicht haben) psychologische Hilfe und haben die Möglichkeit, viele Workshops zu besuchen, z. B. Tanz, Theater, Musik, Judo, Kochen, Gitarre, rhythmische Gymnastik … Manche schaffen es so, aus dem Armuts-Alltag auszubrechen und eine Berufsausbildung oder weiterführende Schule zu besuchen.
Wie verstehen Sie den Begriff Mission?
Für mich persönlich ist Mission eine Sendung, ein Auftrag, den wir von Jesus bekommen haben: „Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!“ (Mk 16,15). Mit diesem Auftrag, den jede und jeder von uns bekommen hat, können wir die Welt ein wenig verändern. Mission bedeutet für mich auch: sich ganz einlassen auf die Situation, die Menschen, das Land, die Kultur und daraus auch für mein Leben zu lernen. Ich kann von den Menschen hier sehr viel lernen.
Was macht Ihnen Freude, und was macht Sie traurig?
Ich bin sehr gerne hier. Ich liebe die Offenheit und Herzlichkeit der Menschen. Von Anfang an habe ich mich ganz auf- und angenommen gefühlt. Vorurteile, weil ich Ausländerin bin, habe ich nie gespürt. Es gab Barrieren zu überwinden – vor allem die Sprache –, aber mit der Zeit ist das kein großes Problem mehr. Was mir auch viel Freude bereitet, sind die lebendigen Gottesdienste. Traurig stimmt mich die Armut, die einem immer wieder begegnet. Manchmal komme ich in Häuser, wo es für unsere Begriffe nicht möglich wäre zu leben.
Auf kleinstem Raum leben oft fünf oder mehr Personen, und es fehlt an allem. Da stoße ich an meine Grenzen, und es fällt mir schwer abzuwägen, was wirklich am notwendigsten ist, um ihnen zu helfen. Seit der Pandemie hat die Zahl der Obdachlosen sehr stark zugenommen. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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