Kundschafter in den USA | Teil 04
Mit Ernsthaftigkeit und Hingabe
Seit meinem 18. Lebensjahr habe ich etwa zwei Jahre in den USA verbracht. Trotz aller Einwände – „Kann man doch nicht vergleichen …“ – habe ich oft erlebt, dass viele Trends aus den USA auch bei uns Fuß gefasst haben. Wieviel davon sinnvoll ist und worauf wir besser verzichtet hätten, sei dahingestellt. Klug wäre es in jedem Fall, sich auch als Kirche inspirieren zu lassen. Erinnern wir uns an den katholischen Pfarrer Michael White im ersten Teil dieser Serie: „Strategisch war es am wichtigsten, intensiv von bereits wachsenden Kirchen zu lernen. Wenn man wachsen will, warum soll man sich dann nicht an erfolgreichen Beispielen orientieren?“[/p]
Bei aller Unterschiedlichkeit gibt es dafür drei Kennzeichen: lebendige Gottesdienste, stärkende Kleingruppen und aufopfernde Diakonie. Sind das also die entscheidenden Erfolgsfaktoren?
Alle erfolgreichen Kirchen konzentrieren sich auf kraft- und stimmungsvolle Gottesdienste, sei es in der katholischen Messe, beim charismatischen Worship oder dem multiethnischen Gottesdienst mit Migranten. Man müsste schon ein Herz aus Stein haben, um dabei nicht berührt zu werden!
Da sich Christsein im Alltag auswirken soll, gibt es zusätzlich in irgendeiner Form kleine Gruppen, die Intimität, Vertrauen und konkrete Umsetzung der Botschaft unterstützen sollen. Die Ausbildung und Begleitung der ehrenamtlichen Gruppenleiter und -leiterinnen ist eine Hauptaufgabe der Hauptamtlichen. Ihr jeweiliges Programm gestalten die Gruppen nach den vorhandenen Talenten. Die meisten sind zeitlich befristet.
Drittens intensivieren alle wachsenden Kirchen Formen gelebter Nächstenliebe, vor Ort und weltweit. Die säkulare Gesellschaft soll spüren: Es ist gut, dass echte Christen unter uns leben. Und wahrer Gottesdienst ist immer auch Dienst an den Geringsten. In den Armen begegnet uns Christus.
„Das ist ja nichts Neues, das machen wir ja alles auch schon!“ wenden viele ein. Was macht also den Unterschied aus, warum viele schrumpfen und einige wachsen? Neben schwer beeinflussbaren gesellschaftlichen Faktoren ist es zum einen der Umstand, dass möglichst viele Ressourcen für diese drei Erfolgsfaktoren verwendet werden – und nicht für alles Mögliche. Zum anderen passiert bei erfolgreichen Kirchen alles, jedes Detail, im Blick auf das Ganze. Offen gesagt: Ich war teilweise beschämt von der Ernsthaftigkeit und Hingabe, mit der viele Menschen sich in diesem Geist engagieren, darunter viele Junge oder Kirchenferne. Alle betonen, aus der Kraft des Gebetes zu leben. Nirgendwo habe ich Starallüren erlebt, sondern das, was auch das II. Vatikanum mit „Leib Christi“ und „Volk Gottes“ gemeint hat und fördern will.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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