Schöpfung im Klimawandel | Teil 3
„Keine Faulenzer und Gelangweilte“
In einer mehrteiligen Sommerserie widmet sich das SONNTAGSBLATT den brennenden Fragen der Schöpfungsverantwortung angesichts des Klimawandels und der Erderwärmung.
von Stefan Kronthaler
Folge 3 bietet einen kleinen Überblick über die Kernaussagen der biblischen Urgeschichte hinsichtlich der Erschaffung der Menschen. Der Innsbrucker Alttestamentler P. Georg Fischer, SJ., zeigt dabei auf, welchen Plan Gott mit den Menschen hatte und noch immer hat.
Im ersten Buch der Bibel, in der Genesis, finden sich grundlegende Aussagen über Gott, die Schöpfung, die Welt und das Menschsein. Es sind Erzählungen von Freude und Versagen, von Leben und Sterben. Im Interview erläutert der langjährige Innsbrucker Alttestamentler P. Georg Fischer, SJ., die Schöpfungserzählungen der Heiligen Schrift. Sie wollen vermitteln, dass alles seine Existenz einem großzügig schenkenden, weise planenden Gott verdankt, der um das Wohl seiner ganzen Schöpfung andauernd sorgend bemüht ist.
Warum umfasst der Begriff „Schöpfung“ mehr als der Begriff „Natur“?
Georg Fischer: „Schöpfung“ ist ein religiöser Begriff und bezieht sich auf alles, was Gott gemacht hat, das gesamte Universum. Als solcher ist er ein Bekenntnis zu ihm als dessen Urheber. „Natur“ dagegen ist nur ein kleiner Teil davon und lässt offen, von wem sie stammt.
Was bedeutet die Rede im Buch Genesis von der Erschaffung des Menschen als „Statue“ Gottes (traditionell „Bild Gottes“)?
Das hebräische Wort in Genesis 1,26 ist „zäläm“, was eine „Statue“ bezeichnet, üblicherweise von Gottheiten oder Königen, die durch diese – „toten“ – Gebilde aus Holz, Stein oder Metall vergegenwärtigt wurden. Diese Funktion, den biblischen Gott zu repräsentieren, übernimmt in der Bibel von Anfang an der lebendige Mensch. Damit geht sie schon von ihrer ersten Seite an in völlige Opposition zu allen damals bekannten Religionen. Männer und Frauen erfüllen gemeinsam diese ehrenvolle Rolle und tragen die Verantwortung, Gott auf der Welt zu vertreten.
Genesis 1,28 lautet wörtlich: „Und Gott segnete sie, und zu ihnen sagte Gott: ,Seid fruchtbar, und mehrt euch, und füllt die Erde, und macht sie euch untertan! Und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alles Lebendige, das sich auf der Erde regt!’“ Wie können die Menschen diesen Aufgaben gerecht werden?
Zuerst kommt der göttliche Segen: Er ermöglicht die Ausführung des Befohlenen. Die ersten zwei Aufträge betreffen das Miteinander; Mann und Frau sollen Kinder hervorbringen und so für das Wachstum der Menschheit sorgen. Die nächsten zwei Befehle beziehen sich auf das Verhältnis zur Erde; die Menschen sollen sich auf ihr ausbreiten und haben die Erlaubnis sowie die Aufgabe, sie zu nützen. Der letzte Befehl gibt ihnen Vollmacht über alle Tiere, damit aber auch Verantwortung für sie. Dabei sind sie immer verpflichtet, die ganze Schöpfung in ihrer von Gott geschaffenen „Güte“ (sechs Mal seine Wertung „gut“, zuletzt in 1,31 „sehr gut“) zu bewahren und ihm gegenüber Rechenschaft für die Verwaltung des Anvertrauten abzulegen.
Was meint Genesis 2,15: „Und Jhwh–Gott nahm den Menschen und ließ ihn ruhen im Park ,Wonne‘“?
Der biblische Gott, Jhwh, (Jahwe ist der Name des Gottes Israels. Er besteht hebräisch aus vier Konsonanten und wird deswegen Tetragramm, griechisch „Vier-Buchstaben“, genannt, Anm. d. Red.) schenkt einen Ort, an dem die Menschen verweilen können. Sie können so in ähnlicher Weise zur Ruhe kommen wie er selber zuvor (in 2,1–3) am siebten Tag. Üblich ist die Übersetzung mit „Garten Eden“, aber erstens handelt es sich – mit „allen Bäumen“ – um eine Parkanlage, vergleichbar denen von Königen oder Tempeln, doch sie übertrifft diese bei weitem. Und zweitens hat das hebräische Wort „edän“ die Bedeutung „Wonne“. Jhwh stellt die Menschen in ein prächtiges, herrliches Ambiente, das voller Leben ist und Freude vermittelt.
Was besagt (im selben Vers): „… ihn zu bearbeiten und ihn zu bewahren“?
Jhwh möchte keine Faulenzer und auch nicht, dass der Mensch sich langweilt. Hier werden die früheren Aufträge (aus Genesis 1,28) konkret. Ein Park mit allen Bäumen und üppig wachsender Vegetation bedarf der Pflege, soll er gedeihen, fruchtbar sein und schön bleiben. Das in Genesis 1 übertragene „Herrschen“ verlangt Arbeit und körperlichen Einsatz. Dazu gehört auch das „Bewahren“ (im Hebräischen klingt ebenso „Bewachen, Behüten“ mit), das heißt das Schützen und Erhalten in einem Zustand, der Gottes Gefallen findet.
Bisweilen wurde und wird der Mensch als „Krone der Schöpfung“ bezeichnet. Hat diese Aussage eine biblische Grundlage?
Die erste Schöpfungserzählung wurde oft so ausgelegt. Sie gipfelt aber nicht in der Erschaffung des Menschen, sondern im göttlichen Ruhen am siebten Tag, als Vorbild für gleiches menschliches Tun – siehe die Bestimmungen, den Sabbat zu halten, z. B. in den „Zehn Worten“ in Exodus 20,8–11. Unter den Lebewesen jedoch kommt den Menschen die höchste Stellung zu, und Psalm 8,6 lobt staunend Gott dafür, dass er den schwachen, hinfälligen Menschen „mit Herrlichkeit und Pracht gekrönt hat“.
Ist die Aussage „… denn aus der Größe und Schönheit der Geschöpfe wird in Entsprechung ihr Schöpfer erschaut“ (Buch der Weisheit 13,5) zutreffend?
Bei manchen Gemälden erkennen wir vom Stil her oft leicht, von wem sie stammen. Ähnliches gilt für musikalische Kunstwerke, Gedichte, Romane usw. Dies zeigt, dass es eine Beziehung zwischen hochstehenden Erzeugnissen und den sie Schaffenden gibt. Das gilt auch für Gott: Die unermessliche Weite des Universums, die Wunder im Kleinsten, bis in den Mikro-, Nano- und atomaren Bereich, das sich ausbreitende Leben, die Vielfalt an Formen, Farben, Regionen, Tieren und vieles andere mehr zeugen von ihm und lassen ahnen, dass er unendlich schöner und prächtiger ist als alles, was wir sehen oder uns vorstellen.
„… als unser bild, uns ähnlich“
Genesis 1,26–30:
Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich! Sie sollen walten über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere, die auf der Erde kriechen. Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie. Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch, füllt die Erde, und unterwerft sie, und waltet über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die auf der Erde kriechen! Dann sprach Gott: Siehe, ich gebe euch alles Gewächs, das Samen bildet auf der ganzen Erde, und alle Bäume, die Früchte tragen mit Samen darin. Euch sollen sie zur Nahrung dienen. Allen Tieren der Erde, allen Vögeln des Himmels und allem, was auf der Erde kriecht, das Lebensatem in sich hat, gebe ich alles grüne Gewächs zur Nahrung. Und so geschah es.
Genesis 2,7–8.15:
Da formte Gott, der HERR, den Menschen, Staub vom Erdboden, und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen. Dann pflanzte Gott, der HERR,
in Eden, im Osten, einen Garten und setzte dorthin den Menschen, den er geformt hatte. …
Gott, der HERR, nahm den Menschen und gab ihm seinen Wohnsitz im Garten von Eden,
damit er ihn bearbeite und hüte.
Buchtipp
Die ersten elf Kapitel des Buches Genesis, oft auch „Urgeschichte“ genannt, sind wie Notenschlüssel und Vorzeichen in der Musik, die die Interpretation des Folgenden bestimmen und entscheidende Richtlinien dafür vorgeben. Em. Univ.-Prof. P. Georg Fischer, SJ., hat diesen grundlegenden Genesis-Kommentar verfasst.
Georg Fischer, Genesis 1–11 (Herders
Theologischer Kommentar zum Alten
Testament), ISBN: 978-3-451-26801-4,
752 Seiten, EUR 133,70.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.