Weltanschauungsfragen | Teil 5
Gefährliche Vereinfachung

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Verschwörungstheorien schafften in den vergangenen drei Jahren den Sprung vom Nischendasein ins Zentrum der öffentlichen Wahrnehmung.

Dabei sorgten sie für reichlich Irritation bis hin zu Konfrontation in so manchem Miteinander. Große gesellschaftliche Umbrüche, Krisen oder Katastrophen bildeten für die Entstehung und Verbreitung von Verschwörungstheorien immer schon einen idealen Nährboden. Man könnte sagen: In unsicheren Zeiten sind einfache Erklärungen und eindeutige Antworten besonders gefragt. Eine Krise in der Größenordnung der Corona-Pandemie bot und bietet somit ganz viele Möglichkeiten, vermeintliche Nutznießer der Misere am Werk zu sehen, diese für alles verantwortlich zu machen und derartige Mutmaßungen via Internet im Rekordtempo auch zu verbreiten.
In der Wissenschaft ordnet man zuerst die Fakten und zieht aufgrund von diesen dann die entsprechenden Schlussfolgerungen. AnhängerInnen von Verschwörungstheorien fangen mit der Schlussfolgerung an und finden dann Gründe, um alles auszuschließen, was dieser nicht entspricht. Wenn man weiß, wer die Nutznießer eines bestimmten Ereignisses sind, kennt man aus Sicht der Verschwörungsgläubigen ohnehin auch die Verursacher. Ein Schwarz-Weiß-Denken, das die Welt in Gut und Böse, Freund und Feind einteilt, ist in dieser Weltanschauung besonders stark ausgeprägt.
Verschwörungstheorien reduzieren für ihre AnhängerInnen eine wahrgenommene Komplexität und vermitteln das Gefühl, die Wirklichkeit hinter einem vermeintlichen Schein erkennen zu können. Dieser „Durchblick“ führt oftmals zu einer Form von Selbstaufwertung im Sinne von: „Ich bin Teil einer nur kleinen Elite, die nicht das glauben muss, was uns von den Verschwörern vorgegaukelt wird!“. Und dieses neue Selbstbewusstsein findet schließlich auch im Handeln seinen Ausdruck, sei es durch das Verbreiten gezielter Falschinformationen, die Ablehnung einer Schutzimpfung bis hin zu extremen Formen wie neu aufflammendem Antisemitismus oder dem Anzünden von Handymasten. Ja, Verschwörungstheorien können zu einer Gefahr im echten Leben werden.
Wer sich mit Verschwörungstheorien im persönlichen Umfeld konfrontiert sieht und Hilfe sucht, wer Informationsseiten für einen Faktencheck oder Bausteine für die Behandlung dieses Themas im Unterricht benötigt, wird auf unserer Homepage weltanschauungsfragen.at fündig. Auch die Kontaktadressen unserer Beratungsstellen sind dort aufgelistet.
Herbert Mühringer

Online-Vortragsreihe
… und was glaubst du? 6. Vortrag

Dienstag, 21. März 2023, 19 Uhr
ZURÜCK ZUR NATUR 2.0

Sind Ganzheitlichkeit und „natürliche Werte“ der heilbringende Weg?
Mag. Robert Wurzrainer, Religionswissenschaftler
Mag. Johannes Sinabell, Theologe
Weltanschauungsfragen Erzdiözese Wien


Mein Beitrag

Herbert Mühringer
ist Theologe, Religionspädagoge und Referent für Weltanschauungsfragen in der Diözese Linz.

  • Sind Verschwörungstheorien auch unter Jugendlichen Thema?
    Laut der JIM-Studie 2022, einer jährlich durchgeführten Basisstudie zum Medienumgang der 12- bis 19-Jährigen, kommt binnen eines Monats etwa jeder zweite Jugendliche im Internet mit Fake News, extremen politischen Ansichten oder Verschwörungstheorien in Kontakt. Zahlen, die nicht außer Acht gelassen werden sollten.
  • Was bedeuten diese Zahlen für unser Bildungssystem?
    Ich sehe Medienkompetenz neben Lesen, Schreiben und Rechnen als vierte unabdingbare Kulturtechnik, der im Bildungsbereich noch deutlich mehr Raum gegeben werden muss. Dabei sollten Jugendliche auch mit ExpertInnen von außen in Kontakt kommen und auf Beratungsangebote hingewiesen werden. Auch was die Vernetzung und Zusammenarbeit unterschiedlicher Beratungseinrichtungen betrifft, gibt es noch deutlich Luft nach oben.
Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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