In Europa zu Hause | Teil 03
Ein slowakischer Theologe im Ländle
Teilhabe statt völliger Anpassung
Bohuslav Bereta, geboren 1976, kann sich dank seiner Eltern noch an eine Zeit erinnern, als es in der Slowakei verboten war, sich offiziell zur katholischen Kirche zu bekennen. „Meine Eltern gehörten der Untergrund-Kirche in der Slowakei an“, erzählt Bereta, der sich aufgrund dieser Erfahrung dazu entschlossen hat, Theologie und Pädagogik zu studieren.
Diverse Praktika führten ihn von Sachsen über die USA und Bayern bis nach Graz, wo er eigentlich nur fertig studieren wollte. „Es war eine Verkettung von Fügungen, dass ich in Österreich geblieben bin“, hält Bereta fest. Überraschend und beeindruckend war für ihn immer die Vielfalt der deutschen Sprache. „Sobald ich in einem Dialekt ein bisschen sicherer war, kam eine völlig neue Sprache dazu“, schmunzelt Bereta, der in der Obersteiermark sein Pfarr- und Schulpraktikum absolvierte.
Sechs Jahre lang lebte er mit seiner aus der Weststeiermark stammenden Frau Barbara in Graz. Ausgerechnet auf Hochzeitsreise in Afrika erreichten ihn in einem Internetcafé gleich zwei berufliche Angebote: eines vom Schulamt in Graz und eine Stelle in Vorarlberg: Musikpastoral in der Jungen Kirche. Der begeisterte Musiker – die Orgel ist sein liebstes Musikinstrument – entschied sich für Vorarlberg. Rückblickend meint Bereta: „Meine geografische Entfernung von Europa hat damals wahrscheinlich dazu beigetragen, dass ich mich für Vorarlberg entschieden habe.“
Neubeginn in Vorarlberg. Seit 2005 lebt er mit seiner Familie jetzt im Ländle. Den Unterschied zum Osten Österreichs beschreibt er so: „Meine persönlichen Erfahrungen sind, dass man im östlichen Teil des Landes leicht schubladisiert wird, nach dem Motto: ‚Ach, du bist aus der Slowakei, wir wissen daher, mit wem wir es zu tun haben.‘ Wenn man hier im Westen zeigt, dass man auf seinem Gebiet etwas kann, dann gehört man automatisch dazu – unabhängig von seiner Herkunft und ob man einen Titel hat oder nicht.“
Daher kann er auch mit der Integrations-Erwartungshaltung der Gesellschaft an neu Zugezogene im Sinne völliger Anpassung nichts anfangen. „Ich spreche da lieber von gesellschaftlicher Teilhabe, von Partizipation. Die Botschaft sollte lauten: „Bleib so wie du bist, aber gib alles, damit du dieser Gesellschaft auch etwas zurückgibst.“
Ohne Netz. Die beruflichen Weichen haben sich für Bohuslav inzwischen neu gestellt. In seiner Aufgabe als Hausleiter eines Hauses der Kaplan-Bonetti-Wohnprojekte lebt er die Nächstenliebe ohne Netz und doppelten Boden. Hier finden Menschen ein Dach über dem Kopf, die in anderen Einrichtungen aufgrund ihrer Probleme oder Suchterkrankungen nicht aufgenommen werden. Er ist überzeugt davon: „Vor Gott sind alle Menschen gleich, egal ob sie betrunken sind, stinken oder Karriere machen. Ich glaube an seine Akzeptanz mir gegenüber und möchte diese gegenüber anderen Menschen bewusst leben, unabhängig von ihrer Herkunft oder aufgrund ihres Verhaltens.“
Judith Jandrinitsch
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.