Sehnsucht. Herbstserie 2016 | Teil 02
Da kann ich mich einfach auf die Couch hauen
Ich habe während meiner Studentenzeit in Graz einmal ein Kyrie gehört, das Bertl mit der Posaune gestaltet hat“, erinnert sich Pater Gerwig Romirer vom Stift St. Lambrecht. Er begann, sich für diesen Künstler zu interessieren. „Die Art und Weise, wie er mit seinem Instrument umgehen kann, ist schlichtweg faszinierend.“ Das war vor ungefähr 25 Jahren. Die Freundschaft zwischen dem Pater und dem aus Steyr stammenden Ausnahmeklangkünstler Bertl Mütter besteht bis heute und hat sich, nachdem Gerwig Romirer bei den Benediktinern eintrat, noch intensiviert. „Ich habe ihn als stillen, freundlichen, in sich ruhenden Menschen kennen gelernt“, sagt Mütter. Ihn selbst kann man wohl als einen Menschen sehen, der als musikalischer Vagabund viel unterwegs ist und ein relativ ungebundenes Leben führt.
Schon lange hat Bertl Mütter in St. Lambrecht nicht nur einen Platz, wo er eigenwillige künstlerische Projekte realisieren kann, für die er bekannt ist, sondern auch einen Rückzugsort für seine kreative Arbeit. „Das Stift strahlt eine Atmosphäre aus, die mich anzieht. Ich genieße die Kühle, die Stille und Konzentration des Ortes speziell beim Komponieren.“
Was macht eine Freundschaft von zwei Menschen aus, die so unterschiedlich leben und sich wohl auch stark unterscheiden? Pater Gerwig überlegt: „Freundschaft ist für mich ein Ort, wo ich mich auf die Couch hauen kann, ohne irgendwas überlegen zu müssen, es ist auch einfach eine Sache der gemeinsamen Frequenz.“ Die über Jahre bestehen bleiben kann. Selbst wenn man sich schon länger nicht gesehen hat – er sei selbst vielleicht etwas nachlässig, was die konsequente Pflege von Freundschaften betrifft, gibt er zu. „Bei wirklichen, engen Freunden machen aber Monate, die zwischen den letzten Treffen vergangen sind, im Grunde nicht so viel aus.“ Mit gewissen Menschen gibt es ein bestimmtes Grundverständnis, das es möglich macht, sich so zu zeigen, wie man wirklich ist, Dinge auszusprechen, die man sonst vielleicht nicht so herauslassen würde. „Man ist einfach unverstellt, unverdeckt. Man kann sich Luft machen, was sonst oft nicht möglich ist, und sich einfach hängen lassen.“ Eine Erleichterung. Auch in der Phase seiner eigenen Berufung hat er die Auseinandersetzung mit Freunden als sehr wertvoll empfunden.
Ein Gegensatzpaar sind der Künstler und der Mönch sicher, oder vielleicht nur scheinbar? Auf jeden Fall finden beide im anderen eine Ergänzung. Was ist eine Eigenschaft des Freundes, die du vielleicht nicht so hast, frage ich beide: „Seine offene, humorvolle Art, wir haben eine Ebene, wo wir beide spüren, dass es passt. Bertl hat eine Leichtigkeit des ,Heute hier und morgen da‘, die für mich als Mönch natürlich nichts ist. Aber wenn er mir davon erzählt, kann ich etwas davon miterleben.“
Im Gegensatz dazu Bertl Mütter: „Ich schätze an ihm die Fähigkeit, etwas groß zu denken.“ Das zeigte sich vor allem bei den Umbauten im Stift. „Er ist einer, der das umsichtig leiten und mit allen kommunizieren kann.“
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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