70 Jahre Sonntagsblatt | Teil 06
1996 bis 2005

Michael Staikos, griechisch-orthodoxer Metropolit von Austria, verlas die Grußbotschaft des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios von Konstantinopel, der kurzfristig sein Kommen abgesagt hatte – um der Versöhnung zu dienen.
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  • Michael Staikos, griechisch-orthodoxer Metropolit von Austria, verlas die Grußbotschaft des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios von Konstantinopel, der kurzfristig sein Kommen abgesagt hatte – um der Versöhnung zu dienen.
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Weltkirche war zu Gast in Graz

Der Moskauer Patriarch Aleksij II., die Kardinäle Carlo M. Martini aus Mailand und Miloslav Vlk aus Prag, die Gründerin der Fokolar-Bewegung Chiara Lubich und der überraschend angereiste Frère Roger Schutz aus Taizé. Das sind die bekanntesten Persönlichkeiten, die zu der für den Dialog unter den christlichen Kirchen so bedeutsamen Veranstaltung nach Graz gekommen waren. Doch es sollte kein interkonfessionelles „Gipfeltreffen“ abgehalten werden.

„Wir wollten möglichst in die Breite gehen“, erzählt Wirtschaftsdirektor Herbert Beiglböck, damals als Lokalsekretär an der Durchführung der EÖV maßgeblich beteiligt, rückblickend. Nach der ersten Versammlung in Basel, die 1989 kurz vor dem Fall des Eisernen Vorhangs stattgefunden hatte, habe man für das Folgetreffen eine Stadt gesucht, die schon durch ihre Lage dem Osten Europas deutlich entgegenkommt. „In diesem Punkt ist uns am meisten geglückt.“ Erstmals durften Menschen aus dem Osten zu einer kirchlichen Veranstaltung ausreisen.

Neben den 700 offiziellen Delegierten, die insgesamt 124 Kirchen repräsentierten, 150 Vertreterinnen und Vertretern aus kirchlichen und ökumenischen Organisationen und Bewegungen sowie Gästen aus anderen Kontinenten und Religionen kamen mehr als 10.000 Gläubige aus ganz Europa nach Graz. Schon ein Jahr vorher wurden Botschafter ausgesandt, die zu der Versammlung einluden. Dadurch sei es gelungen, erstmals ein kirchliches Ereignis mit vielen Teilnehmern aus Osteuropa durchzuführen. „Das war nicht leicht zu managen.“ Es seien ganze Sonderzüge nach Graz gekommen, und viele der Angereisten seien nicht ident mit den Angemeldeten gewesen. Doch Graz habe sich „sehr gastfreundlich und offen präsentiert“. Es habe eine große Bereitschaft in der Bevölkerung gegeben, Menschen zu beherbergen. Auch die Polizei lobte – wie im Sonntagsblatt berichtet wurde – die Freundlichkeit der ausländischen Gäste: „Selbst Bischöfe stellten sich geduldig fünf Stunden an.“ Für Graz als Tourismusstadt sei diese Versammlung ein ganz wichtiger Impuls gewesen, ist Beiglböck überzeugt.

Maßgeblichen Anteil daran, sie nach Graz zu bringen, hatte Prof. Grigorios Larentzakis, der mit seinen Kontakten im Weltkirchenrat sehr dafür geworben hatte. „Es war ein großes Wagnis. Viele haben nicht geglaubt, dass es gelingen könnte“, erinnert sich der Professor für Ökumenische Theologie. Doch sei er dankbar, dass so viele mitgewirkt hätten – nicht nur auf kirchlicher, sondern auch von politischer Seite und mit finanziellen Mitteln. Besonders erwähnt Larentzakis den damaligen Grazer Bürgermeister Alfred Stingl sowie die Landeshauptleute Josef Krainer und Waltraud Klasnic.

Die Veranstaltung selbst sei für den Ökumeniker „eine Woche der Freude und der Zuversicht“ gewesen. Das Thema „Versöhnung“ habe eine brennende Frage der Zeit berührt und bis heute nichts an Aktualität verloren. Graz sei eine wichtige Station gewesen, die die Versöhnung unter den Kirchen vorangebracht und Perspektiven geöffnet habe. Die „Botschaft von Graz“ habe auch inhaltliche Impulse gesetzt, doch „es liegt an den einzelnen Kirchen selbst, die Anliegen weiterzubringen“. So sei von der Grazer Versammlung die Initiative zur „Charta Oecumenica“ ausgegangen, die 2001 in Straßburg unterzeichnet wurde und von allen Kirchen mitgetragen wird.

Für Herbert Beiglböck war das „Begegnungselement“ die positivste Erfahrung. In der „Agora“ in der Messehalle konnten sich verschiedene Initiativen präsentieren und vernetzen: „Wir wollten da möglichst keine Grenzen aufstellen.“ Ein „Ökumenisches Dorf“ bot Gelegenheit zu ungezwungenem Austausch, und auch ein reichhaltiges Kulturprogramm – mit der großen Ausstellung „entgegen“ – begleitete die Versammlung.

Alfred Jokesch

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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