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Wir radeln durch das Land ...
Ist es wirklich eine „Glaubensfrage“? Elektrisch betriebenes E-Bike oder klassisches „M-Bike“ – muskelkraftbewegt? – Am Beginn des Schöpfungsmonats fragen wir zwei Radfahrer nach ihrer Motivation und ihren Erfahrungen.
„Jå, mir san mit’m Radl då”
So hat ein Schlager-Hit in den 1970er-Jahren das Fahrrad als Fortbewegungsmittel und Freizeit-Gefährt besungen. Zur Zeit der noch jungen Fitnessbewegung zog das Lied durchs Land. Die Fahrräder erkennen sich seither fast selbst nicht wieder. Und die neue Frage lautet: „Mit welchem Radl san mir denn då?“
Martin Sohnle nutzt sein Rennrad, um sich fit zu halten. Ferdinand Kliem schätzt an den E-Bike-Ausflügen durchs Hügelland besonders die Begegnungen und besinnlichen Momente. – Vielleicht hat sich, unabhängig vom Rad-Modell, gar nicht sooo viel verändert: Zwei Räder, zwei Beine, Bewegungsfreude und Augen für die Umgebung.
Ich tu’ etwas für meine Fitness … manchmal schon vor dem Frühstück.
Martin Sohnle
ist Vater von drei Kindern und in seiner Freizeit gern sportlich aktiv.
In meinem Beruf sitze ich viel im Büro, Radfahren ist da ein guter Ausgleich. Ich tu’ etwas für mein Wohlbefinden, meine Fitness und sehe auch recht viel von der Gegend. Ich lerne Wege und Straßen in meiner Umgebung kennen, die ich mit dem Auto sonst nie gefahren wäre. Das finde ich spannend. Ich fahre mit dem Rennrad und deshalb auf Asphalt, aber eher auf Nebenstraßen, wo weniger Verkehr ist. Gott sei Dank kommt es immer seltener vor, dass Autofahrer sehr eng überholen, das gibt mir sonst ein Gefühl der Unsicherheit. Wenn ein Lieferwagen überholt, glaubt man ja oft, es weht einen gleich um.
Mit meinem klassischen Rennrad habe ich eine Grundstrecke, die ich zwischen 30 und 50 Kilometern variieren kann. Dann bin ich zwischen einer guten Stunde und eineinhalb Stunden unterwegs. Meistens fahre ich am Wochenende, oft stehe ich sehr früh auf, dann bin ich zum Frühstück mit der Familie wieder zu Hause.
In die Arbeit fahre ich nicht mit dem Rad, weil ich beruflich entsprechend gekleidet sein muss. Aber kurze Wege, zum Beispiel zum Einkaufen, fahre ich schon mit dem Fahrrad. Ob Radfahren auch mit Umweltschutz zu tun hat? Generell finde ich nachhaltige Mobilität sinnvoll. Und ich fände es schon gescheit, wenn man auch viele Alltagswege mit dem Rad machen kann, nicht nur als sportliche Bewegung. Das Radwegenetz besser auszubauen wäre dafür sicher notwendig, das ist ja derzeit eh in Planung.
Meine Erfahrung ist, dass man beim Radfahren – ähnlich wie beim Laufen – den Kopf freibekommt. Man kann abschalten und denkt einmal an nichts anderes, das hat durchaus auch einen meditativen Charakter.
Radfahren ist für mich Genuss-Radeln. Ich muss nicht möglichst schnell …
Ferdinand Kliem
war vor seiner Pensionierung Hauptschullehrer und lebt in Pöllau.
Zwei gute Tourenräder führten mich schon vor Jahren in die nähere und weitere Umgebung von Pöllau. Vor zehn Jahren bin ich dann auf E-Bike umgestiegen und bin seitdem entspannter im oststeirischen Hügelland unterwegs. Seit dem Frühjahr 2021 trägt mich ein neues – hochwertigeres – Rad mühelos von Pöllau auf den Masenberg (1260 m) zur Glückskapelle oder über den Rabenwald ins Feistritztal und zum Stubenbergsee. Die Wallfahrtskirche Pöllauberg (750 m) ist ein häufiges Ziel, denn hier wurde ich getauft und war lange Zeit Ministrant. Auch zur Festenburg und nach St. Lorenzen am Wechsel bin ich geradelt – damals noch ohne Strom unter dem Sattel.
Radfahren war nach einer leichten Knieverletzung die beste Therapie. Mit dem E-Bike kann ich meinen Aktionsradius ohne Überanstrengung ausdehnen. Radfahren ist für mich Genuss-Radeln: Ich muss nicht möglichst schnell von A nach B. Meist bin ich allein unterwegs, besuche eine Kirche, mache Halt bei einem Wegkreuz oder einer Kapelle. Oder ich genieße einfach die Landschaft. Für kleinere Einkaufstouren eignet sich das Radl natürlich auch. Begegnungen mit Radfahrern erweitern den Horizont: unlängst beim Gedankenaustausch mit einem Paar aus Salzburg/München und einem Paar aus Holland. Ich habe Zeit, es ergeben sich interessante Gespräche.
Mein Verhältnis zu „klassischen” Radlern? In der Ebene sind wir gleich schnell, auf Anstiegen fahre ich zunächst hinterher. Beim Überholen heißt’s dann von mir: „Mit Strom unterm H… kann man leicht angeben.“ Und nach 50 km kann ich auch noch den Heimweg über Pöllauberg nehmen – und die Abfahrt genießen.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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