Pfarrgemeinderatswahl 2022
Mut zum Experiment

Neues zulassen und nicht nur die Traditionen pflegen. Dritter Impuls beim PGR-Online-Kongress.

Bei so manchem weiß man gar nicht mehr so genau, warum es so ist“, sagt der Wiener Pastoraltheologe Johann Pock beim dritten Teil des vierteiligen österreichweiten Online-Kongress der Pfarrgemeinderäte. Der aus der Steiermark stammende Theologe appellierte an die rund 300 Teilnehmenden, Traditionen und eingefahrene Vorstellungen loszulassen, damit Raum für Neues entstehen könne.
Zwar gehörten Traditionen wesentlich zur Kirche und zum pfarrlichen Leben, „gleichzeitig dienen wir aber nicht den Traditionen – sondern sie dienen uns in unserem Christsein“, ortet der Theologe in Traditionen sowohl einen Schatz als auch eine Last. Ein erster Freiraum könne das Verabschieden von Hierarchien sein, von „Hochwürden“ als Einzelkämpfer hin zum gestaltenden Team, das für das Leben in der Pfarre zuständig sei.

Mitdenken und anpacken. Kirche und Pfarren seien mehr als ein Verwaltungsapparat, sondern bestünden „aus Menschen, die mitdenken und anpacken“; vorwiegend seien das die PfarrgemeinderätInnen. Wenn die Beziehungsebene nicht klappe, sei auch eine Zusammenarbeit schwierig, wies Pock hin.
Pfarren seien zudem nicht im Besitz der Pfarrer und auch nicht der Besitz „von einigen wenigen in der Pfarre“. Hier könnten sich „notgedrungene strukturelle Änderungen“ positiv auswirken, etwa die Seelsorgeräume als Zusammenarbeit unterschiedlicher Seelsorger mit unterschiedlichen Schwerpunkten.
Ein klassisches Beispiel sei die Jugendarbeit: Für junge Erwachsene könne es schwierig sein, vorgestaltete Räume und Traditionen „als die ihren anzusehen“. Die Jugendarbeit brauche folglich Freiräume. Diese müsse von den Jugendlichen selbst oder gemeinsam mit ihnen entwickelt und bespielt werden – ohne den Hintergedanken, die jungen Menschen zur Messe bringen zu wollen. Über allem stehe, dass man als Kirche dorthin gehen müsse, wo die Jugend sei, statt zu klagen, warum sie nicht in die Kirche komme.

Qualität der Kirche. Bei der Veranstaltung ging es auch um den Erfolg von Neuem und dessen Messbarkeit. „Durch Quantität wird die Qualität nicht messbar“, ist Pock überzeugt und verweis auf die Sternsinger. Bei dieser Aktion haben viele Menschen Freude, Teilnehmende wie Besuchte. Das allein sei ein Erfolg, egal wie viel Geld letztendlich gesammelt werde. Erfolgreich sei man, wenn alle zufrieden sind. Auf dem Weg dorthin ist das Scheitern erlaubt. Den Mut zum Experiment sieht der Pastoraltheologe als Rezept für die Zukunft von Kirche.

Pfarrgemeinderat
Mehr als Beratungsgremium

Ohne Frauen und Männer in den Pfarrgemeinderäten wäre unsere österreichische Kirche und Gesellschaft viel ärmer, strich Pock hervor. Die ehrenamtlich Engagierten nutzen ihre Freizeit, um in einer Pfarre mitzudenken und mitzuhelfen; in einem Umfeld, das in den vergangenen Jahren etwas rauer geworden sei.
Dabei gehe es um mehr als nur um das Ausfüllen von Funktionen oder ein Beratungsgremium für die Pfarrleitung; vielmehr seien unter Pfarrgemeinderäten Menschen zu verstehen, „die ihr Christsein öffentlich zeigen und bekennen; die mitdenken und Visionen entwickeln zum Wohle einer größeren Gemeinschaft“.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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