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Das Vogelsterben verhindern

Ein Artensterben ist auch in der Vogelwelt im Gange. Was es beschleunigt und was jede und jeder dagegen tun kann, erklären zwei Biologinnen aus Vasoldsberg, die auch gerne naturkundliche Veranstaltungen leiten. Denn Wissen ist ein wichtiger erster Schritt im Naturschutz.

Vogelschar?
Amsel, Drossel, Fink und ... Beobachten Sie auch immer weniger verschiedene Vögel in Ihrem Garten oder in der freien Natur? Der Schein trügt nicht. Viele Arten sind bereits ausgestorben, andere abgewandert. Woran das liegt? Die Biologinnen Roya und Simin Payandeh aus Vasoldsberg bringen Licht ins Dunkel und haben Tipps, wie man die Artenvielfalt unterstützen kann. Ihr Wissen teilen die Zwillingsschwestern gerne bei naturkundlichen Veranstaltungen, wie „Schöpfung erleben, Vogelbestimmungstour für Anfänger und Fortgeschrittene in Graz“, am Fr. 4. Oktober oder Sa. 5. Oktober, um 15 Uhr. Treffpunkt: Franziskanerkirche. Dauer: max. 2 Stunden. Anmeldung: Mag. Roya Payandeh, 0664/9416089.

Das Verschwinden nürlicher Lebensräume ist fatal für die Tierwelt.

Roya Payandeh

Biologin für Allgemeine Biologie, Ökologie und Biodiversität, Zoologie und Evolutionsbiologie.

Laut wissenschaftlichen Studien und dem Naturschutzbund sind innerhalb der letzten paar Jahrzehnte ca. 500 bis 600 Mio. Vögel in Europa weniger geworden! Die Gründe sind vielfältig. Vor allem Monokulturen und das Verschwinden natürlicher Lebensräume sind ausschlaggebend. Hier einige Zusammenhänge, warum es innerhalb der Vogelwelt zum Artenschwund kommt: Wenn Vögel Gifte aus der Landwirtschaft, wie Spritzmittel oder vergiftete Nahrung durch gebeiztes Saatgut, aufnehmen, legen sie weichschalige Eier, die nicht ausgebrütet werden können. Des Weiteren sind ihre Lebensräume durch Versiegelung und Verbauung gefährdet. Durch fehlendes Totholz, wo Höhlenbrüter wie Eulen oder Spechte Brutplätze finden, oder das Abreißen von Scheunen sowie das „Zuspachteln“ von Kirchtürmen und Dachluken, wo z. B. die Schleiereule Wohnung nimmt, wird die Fortpflanzung vieler Vogelarten erschwert.

Fehlende Pflanzenvielfalt bedingt Artensterben
Auf Blumenwiesen, die mit Jauche und Mist gedüngt werden, gedeihen nur mehr Hochleistungspflanzen (Stumpfblättriger Ampfer, Raygras, Knäuelgras, Klee, Hahnenfuß und Löwenzahn). Diese bieten keine ausreichende Nahrung für Insekten. Was dazu führt, dass Vögel, die sich von Insekten ernähren, keine Nahrung mehr finden. Im Gegensatz dazu blühen auf ungedüngten Magerwiesen hundert verschiedene Arten. Diese Wiesen zählen zu den meistbedrohten Lebensraumtypen, da sie als „unwirtschaftlich“ gelten. Der Rückgang naturnaher bäuerlicher Betriebe und der Verlust zahlreicher Biotope in unserer Kulturlandschaft ist eng verknüpft mit dem Sterben vieler Pflanzen- und Tierarten.

Jede:r kann etwas tun, um unsere gefiederten Freunde zu unterstützen.

Simin Payandeh

Biologin für Allgemeine Biologie, Ökologie und Biodiversität, Zoologie und Evolutionsbiologie.

Angesichts dieser vielen Probleme (siehe linke Spalte) sollte es uns dennoch bewusst sein, dass wir auch im allerkleinsten Garten etwas tun können, um es unseren gefiederten Freunden leichter zu machen. Das Anbringen von fachgerecht gebauten und aufgehängten Nistkästen, das „Stehenlassen“ von kleinen Wiesenflächen mit ihren Blütenpflanzen für die Insekten und Vögel wären zwei Beispiele dafür, was jede:r Einzelne tun kann.

Wir wissen, dass Landwirte vielfach enormem Preisdruck ausgesetzt sind. Brachflächen oder breite Böschungsstreifen bedeuten für sie oft finanzielle Einbußen. Aber ein intaktes Ökosystem mit großer Artenvielfalt braucht vermehrt Magerwiesen und weniger gedüngte Fettwiesen. Auch gibt es naturverträglichere Mähwerke. Messerbalkenmähwerke töten weniger Tiere als z. B. Rotationsmäher. Wichtig sind auch naturnahe Wälder statt Fichten-Monokulturen oder Christbaumkulturen.

Rückzugsmöglichkeiten für bedrohte Arten schaffen
Es wäre sinnvoll, wenn jede Gemeinde mehrere Flächen – Feuchtstandorte und Trocken-/Magerrasen, die nicht gedüngt werden – für unsere Pflanzen- und Tierwelt ausweisen bzw. schaffen würde. An solchen Stellen könnten sich seltene und vom Aussterben bedrohte bodenbrütende Vogelarten ansiedeln und würden wieder eine Rückzugsmöglickeit vorfinden. Aber Achtung: Magerrasen benötigen genauso eine extensive Bewirtschaftung, sonst verbuschen solche Zonen, und häufige Arten setzen sich wieder durch. Abschließend ist der Schlüssel zum Artenschutz: Wissen! Daher führen wir naturkundliche Veranstaltungen durch.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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