Kultur
Kunst der Klangrede
Franz Karl Praßl nimmt Abschied als Professor für Gregorianik an der Kunstuniversität Graz.
Cantabo Domino, qui bona tribuit mihi.“ Singend schreiten fünf Herren der Grazer Choralschola in das Refektorium, den Speisesaal des Priesterseminars. „Ich will singen dem Herrn, der mir Gutes erwiesen hat.“ Das singende Auftreten hatte Franz Karl Praßl der von ihm gegründeten Grazer Choralschola mit auf den Weg gegeben. Die gregorianischen Gesänge begleiten ja auch im Gottesdienst oft die Wege und Prozessionen: zum Einzug, zum Herbeibringen der Gaben, zum Heranschreiten zur Kommunion.
An diesem 30. September nimmt Univ.-Prof. Dr. Franz Karl Praßl mit einer Vorlesung Abschied als Professor für Gregorianik an der Kunstuniversität Graz. Mit dem Priesterseminar kehrt er an jenen Ort zurück, wo er als Student mit Kollegen wieder gregorianische Gesänge aufzugreifen begann. Unter den vielen anwesenden KollegInnen und WeggefährtInnen sind drei Bischöfe: Bischof Wilhelm Krautwaschl, Bischof em. Egon Kapellari und der St. Pöltener Weihbischof Anton Leichtfried, Liturgiereferent der Bischofskonferenz.
Der äußerst vielseitige Kirchenmusiker und Theologe Franz Karl Praßl stammt aus Feldbach. Seinem Studium der Kirchenmusik und der Theologie folgte bald eine Tätigkeit als Domorganist und diözesaner Kirchenmusikreferent in Klagenfurt. 1989 übernahm er die Gregorianik-Professur in Graz. Er dirigierte aber auch die gregorianischen Gesänge beim Gottesdienst zur Amtseinführung von Papst Franziskus, lehrt er doch auch am Pontificio Istituto di Musica Sacra in Rom. Praßl verbindet hohes wissenschaftliches und künstlerisches Niveau mit kurzweiliger Vermittlung, wie die Musikwissenschaftlerin Dr. Barbara Boisits in ihrer Laudatio zu berichten weiß.
Schwerpunkte in der Gregorianik sind für Franz Karl Praßl die Erforschung der Quellen und die richtige Interpretation der Gesänge.
Gregorianischer Choral ist nicht Musik, sondern Klang-Rede. Am Anfang liturgischen Singens steht der richtig und sinnvoll gesprochene Satz. Der Text enthält schon im Keim die passende melodische Gestalt. „Richtig sprechen“ gehört für den Professor ebenso zur Ausbildung in Gregorianik wie gute Kenntnis des Latein, der Bibel oder der Paläographie. „Professionalität auf allen Linien.“
Die Erforschung der Quellen bietet für die gute Praxis eine entscheidende Voraussetzung. So geht es um die Deutung der „Neumen“, die als gezeichnete „Winke“ die Melodieführung andeuten. Praßl ist Mitherausgeber des „Graduale Novum“ mit gregorianischen Messgesängen. Cantus Network, ein Projekt der Akademie der Wissenschaften, vergleicht 28 „Libri ordinarii“ (Liturgiebücher) aus der mittelalterlichen Salzburger Kirchenprovinz (in etwa Österreich und Bayern).
Praßl widmet sich auch intensiv der Hymnologie, der Kirchengesangsforschung. Maßgeblich mitgearbeitet hat er am „Gotteslob“. Als einer der Herausgeber freut er sich, dass in Kürze ein neues Standardwerk dazu erscheint: „Die Lieder des Gotteslob. Österreich und Bozen-Brixen“ erschließt in verständlichen Kommentaren alle Gesänge im Österreich- bzw. Südtirol-Anhang des „Gotteslob“.
Seiner Kunstuniversität Graz dankt Praßl zum Abschied, dass sie als erste Musikuniversität im deutschen Sprachraum KünstlerInnen ein Doktorat verlieh. Und er empfiehlt ihr weitere lohnende Forschungsvorhaben.
Herbert Messner
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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