Kultur
Abschiedlich leben

In einem U-Bahn-Waggon im Grazer Schauspielhaus sind sieben LaiendarstellerInnen und zwei Musiker eine gute Stunde miteinander unterwegs und reden – vor Publikum – über die Endlichkeit des Lebens. Ein Blick auf die eigene Unbeholfenheit mit dem Tod. | Foto: Lex Karelly
  • In einem U-Bahn-Waggon im Grazer Schauspielhaus sind sieben LaiendarstellerInnen und zwei Musiker eine gute Stunde miteinander unterwegs und reden – vor Publikum – über die Endlichkeit des Lebens. Ein Blick auf die eigene Unbeholfenheit mit dem Tod.
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Der Tod steht im Mittelpunkt einer Produktion des Grazer Schauspielhauses. Ein Besucherbericht:

Das Schauspielhaus Graz lädt zu einer „BürgerInnenbühne über das Leben“ ein, und die BesucherInnen nehmen Teil an einer Fahrt in einem U-Bahn-Waggon durch die facettenreichen Regionen von Sterben und Tod. Bald wird klar, dass hier kein Theaterstück aufgeführt wird, sondern dass „ExpertInnen des Alltags“ ihren Lebens- und Berufserfahrungen eine Bühne geben.

Eine junge Frau spricht über den frühen Tod ihres Vaters und die damit verbundenen Verletzungen und Überforderungen, über die Nähe und Ferne von Freunden. Ein Seelsorger und pensionierte Soldaten berichten, wie es ist, eine Todesnachricht an Angehörige zu überbringen, und wie der Glaube eine Stütze im Umgang mit der Dunkelheit des Todes sein kann. In vielfältigen Akuteinsätzen gegen den Tod hat eine Notfallmedizinerin gekämpft und ihm, wie sie es ausdrückt, „den Stinkefinger gezeigt“. Das Ableben des eigenen Vaters oder eines Kindes lässt auch einen Bestatter an die Grenzen der eigenen Professionalität kommen. Dem Tod „von der Schippe gesprungen“ ist eine alte Dame nach einem Unfall, an den sie sich nicht mehr erinnern kann, aber der ihr Leben verändert hat.

Renate Formanek, eine der sieben SchauspielerInnen und beruflich beim mobilen Palliativteam tätig, nimmt die Theaterbesuchenden mit bei der ganzheitlichen Betreuung und Begleitung von Menschen mit schweren, unheilbaren Erkrankungen hin zur letzten Lebensphase. Es freut sie, ein positives Bild über die Palliativpflege und den Umgang mit den Angehörigen in die Öffentlichkeit bringen zu können. Der Prozess des Entwickelns des Stückes, das Miteinander im Team und der Austausch über die vielfältigen Sichtweisen auf die Endlichkeit hat sie bereichert.

Als Zuschauer wird man in diesen Prozess einbezogen und erkennt in dem so lebensnahen und authentischen Stück die eigene Unbeholfenheit gegenüber dem Tod, die Versuche der Verdrängung und die Überforderung. Mit Humor und Liedern, unterstützt durch zwei Musiker, darf man sich mit der fremden und eigenen Sterblichkeit auseinandersetzen und sich mit den Darstellern einüben, den Tod nicht nur als Gegner und Schrecken, sondern auch als Bekannten und Freund zu erfahren.

Bis 16. Juni besteht die Möglichkeit, sich mit der Endlichkeit des Lebens und mit Trauererfahrungen beim Besuch des Stückes auseinanderzusetzen und in die Praxis des „Abschiedlich-Lebens“ einzuüben.
Die „ExpertInnen des Alltags“ und das Team des Schauspielhauses haben Beeindruckendes geschaffen.

Bernhard Pletz

Schauspielhaus Graz

Der Tod und alle seine Freunde
Für die aktuelle Produktion auf der „BürgerInnenbühne“ hat Regisseurin Anja M. Wohlfahrt gemeinsam mit sieben LaiendarstellerInnen einen Theaterabend über das Leben und Sterben er-arbeitet: „Death and All His Friends“ – eine BürgerInnenbühne über das Leben. Mit Otto Just, Hermann Leiner, Charlotte Eissner-Eissenstein, Brigitte Pivoda, Renate Formanek, Andrea Kalloch, Albin Sampel. Musik: Patrick Dunst, Grilli Pollheimer.
Weitere Vorstellungen: 13., 27. und 31. Mai; 9., 10., 15. und 16. Juni; jeweils 20.00 Uhr, HAUS ZWEI, Hofgasse 11, 8010 Graz. Dauer: ca. 1 Stunde 15 Minuten, keine Pause. www.schauspielhaus-graz.com

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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