Mutworte - Christa Carina Kokol
Wer denkt da noch an manche „Kartoffel“?
Diese Geschichte hat sich – wie auch anders? – vor der vorübergehenden Schließung der Schulen zugetragen: Ein Lehrer lässt seine Schülerinnen und Schüler einen Sack Kartoffeln mitbringen. Für jeden Menschen, dem sie böse sind, nicht verzeihen können oder etwas neiden, sollen sie eine Kartoffel nehmen und die Namen der betreffenden Personen hinaufschreiben. Den ganzen Tag über müssen sie die Kartoffeln mit sich herumtragen. Ein Experiment, das den Schülern zeigt, wie belastend es ist, negative Gefühle wie Wut, Kränkung, Ärger, Neid …nicht loszulassen.
Wenn wir mit unseren Worten achtsam umgehen, Fehler verzeihen und gute Gedanken über unsere Mitmenschen nähren, tun wir auch uns selbst etwas Gutes. Denn es ist anstrengend, zwölf Stunden am Tag – und womöglich noch nachts im Traum – einen schweren „Kartoffelsack“ mit sich zu schleppen und dessen Inhalt zu verdauen.
Zur Zeit der Corona-Krise verändert sich vieles. Wir sehen wieder vermehrt das Gute unserer Mitmenschen, das es auf vielfältige und oft fast übermenschliche Weise gibt. Täglich, pünktlich um 18 Uhr, wird vielerorts – auch in meiner Straße – mit Musik- und Klatschkonzerten jenen gedankt, die jetzt für andere da sind. Und wer denkt da noch an die eine oder andere unverdauliche „Kartoffel“? Unsere Solidarität und Rücksichtnahme auf Schwächere, unsere Hilfsbereitschaft und Dankbarkeit macht neuen Geschmack auf das eigentliche Leben. Applaus!
Christa Carina Kokol
ist dipl. psychotherapeutische Beraterin in Logotherapie und Existenzanalyse nach Viktor E. Frankl.
Autor:Ingrid Hohl aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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