Mutworte - Benno Elbs
Drei Wege

Foto: Pete Ionian

Der erste Weg ist der Weg zu mir selber. Kann ich mich in dem Menschen erkennen,den ich jeden Tag im Spiegel erblicke? Wir merken, dass wir ständig ein anderer sein wollen, wir entgleiten uns und unseren hohen Ansprüchen an uns selber. Ein Blick in den Spiegel zeigt mir oft: Es gibt kaum jemanden, der mir fremder ist als der, den ich dort im Spiegel sehe. Deshalb die Frage: Wie kann ich zu diesem Ich werden, das mir oft so fremd erscheint? Der zweite Weg ist kaum leichter zu gehen, der Weg zum Du, zum Nächsten und zum Fernsten, ja ein Weg hin zu einer Welt, die in ihren vielen Gegensätzen von Arm und Reich, Jung und Alt, Gläubig und Ungläubig, Vernunft und Unvernunft nicht zerbricht, sondern eine Einheit ist und werden soll. Der Kontakt und die Konfrontation mit anderen ist eine Herausforderung. Doch wie können wir einander wirklich erreichen, wenn uns doch scheinbar so vieles trennt? Der dritte Weg ist der Weg zu Gott. Zu ihm sind wir unser ganzes Leben lang unterwegs, ohne ihn je ganz erreichen zu können. Er ist zu groß, als dass wir Menschen ihn von uns aus erfassen könnten. Er zeigt sich uns immer neu als Ziel, zu dem wir uns aufmachen müssen. Wenn viele unserer Menschenwege in eine Sackgasse zu laufendrohen, ist eines für uns sehr tröstlich: dass nämlich Er, Gott, uns in Jesus entgegenkommt und sich für uns zum Weg macht: „Ich bin der Weg …“ (Joh 14,6). Auf unserem dreifachen Lebensweg und Pilgerweg macht sich Jesus selbst zum Boden, auf dem wir schreiten.

Aus: „Werft eure Zuversicht nicht weg“, Tyrolia-Verlag. 
Benno Elbs ist Bischof der Diözese Feldkirch/Vorarlberg.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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