Corona-Krise
Was wirklich zählt

Menschenleere Herrengasse in Graz. Der Turm der Stadtpfarrkirche zeigt weiter nach oben. Ziehen wir Lehren aus der Krisenzeit? Werden Zusammenhalt und Mitmenschlichkeit im Blick bleiben? | Foto: Neuhold
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  • Menschenleere Herrengasse in Graz. Der Turm der Stadtpfarrkirche zeigt weiter nach oben. Ziehen wir Lehren aus der Krisenzeit? Werden Zusammenhalt und Mitmenschlichkeit im Blick bleiben?
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Die Corona-Krise als Chance für die Zukunft der Mitmenschlichkeit. Auch im Blick auf Unterbezahlte und wenig Beachtete, ohne die unser Alltag nicht funktioniert.

Mit dem Coronavirus haben wir gesehen, wie sehr wir von Anderen abhängen. Besonders von jenen Menschen, die auf unserer Welt die am wenigsten geschätzte Arbeit machen: Pflegerinnen, Krankenschwestern, Mütter, Kassiererinnen, ErntehelferInnen, kommunale Dienste und so weiter. Sie alle sorgen dafür, dass unsere Gesellschaft funktioniert. Ohne sie kollabiert alles. Trotzdem werden sie am schlechtesten bezahlt, als „niedrig qualifiziert“ abgetan und oft nur sehr prekär angestellt. Ist das nicht „verrückt“, wenn man das Wichtigste am wenigsten schätzt?

Dass all diese Menschen unersetzlich sind, sehen wir jetzt: Der Ausfall von Pflegekräften durch Grenzschließungen und Quarantäne ist katastrophal. Das Ausfallen von Kassiererinnen und Erntehelferinnen ebenso: Wer bringt jetzt die österreichischen Erbsen und Weintrauben auf den Markt? Diese meist unsichtbaren, unterbezahlten, oft auch diskriminierten ArbeiterInnen sind HeldInnen. Es sind oft Frauen, arme und ärmere Leute, MigrantInnen. Sie haben es nicht leicht, und manche von ihnen mussten sogar fliehen vor Krieg, Armut und Verfolgung. Wir hingegen fliehen panisch mit haufenweise Nudeln und Klopapier vor einem grippeartigen Virus, der für die meisten von uns gar nicht lebensbedrohlich ist. Und haben vielleicht auch noch panische Angst vor Menschen, die echten Bedrohungen entfliehen.

All das öffnet uns neue Perspektiven und hält uns den Wert von Nächstenliebe, Respekt und Dankbarkeit vor Augen. Die Coronakrise bringt uns eine wahrhaft christliche Einsicht: Schau aufs Grundlegende, und schätze deine Nächsten, egal woher sie kommen! Viele haben sich jetzt in ihrer Quarantäne auf das besonnen, was wirklich zählt: eine liebevolle und gesunde Familie, eine solidarische Nachbarschaft, frische Nahrung und ein Zuhause und jemand, der für uns da ist. Nützen wir diese Zeit, um uns gegenseitig zu stärken und zu unterstützen, damit die Welt am Ende der Coronakrise eine bessere ist. Wir brauchen keinen endlosen Konsum und Wachstum, viel besser verwenden wir unsere Zeit zum Helfen und Zusammensein. Nutzen wir die Quarantäne auch, um für alle zu beten, die furchtbar leiden, nicht nur die Schwerkranken in unseren Krankenhäusern, sondern auch alle, die ihre Heimat, Arbeit und Familie verlieren.

Es kommen Zeiten, in denen wir die Liebe, Hingabe und Standfestigkeit der heiligen Corona – frühchristliche Schutzpatronin gegen Seuchen und Unwetter, gemartert in Syrien – brauchen werden. Wenn eine Wirtschaftskrise kommt, sind wir dazu angehalten umzudenken. Weg vom wirtschaftlichen Wachstums- und Konsumzwang und hin zu einer solidarischen Ökonomie: unsere einzige Chance, den Klimawandel zu stoppen und das Leben auf der Erde längerfristig zu ermöglichen. So viele Chancen, Möglichkeiten und bereits existierende Netzwerke. Mut und Vertrauen brauchen wir: Die Angst und das Misstrauen waren nie unsere Freunde, denn sie machen unsere Herzen und Köpfe zu. Wir können das, alle zusammen!

MANUELA ZECHNER
Die Grazerin ist derzeit Postdoc an einem EU-Forschungsprojekt zu Solidarischen Ökonomien.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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