180 Jahre Grazer Schulschwestern
Mitten unter den Menschen leben und wirken
Die Franziskanerinnen von der Unbefleckten Empfängnis (Grazer Schulschwestern) leben und wirken seit 180 Jahren mitten unter den Menschen. Sr. Vera Ronai berichtet über Anfänge und Entwicklung.
Anfang des 19. Jahrhunderts war das religiöse Leben in der Steiermark sehr reformbedürftig: 48 Frauen- und 23 Männerklöster waren aufgehoben worden, die Priester waren wenig gebildet und die Menschen am kirchlichen Leben kaum interessiert. Die Diözese hatte zwölf Jahre lang keinen Bischof.
Der 1824 zum Bischof ernannte Benediktiner Roman Sebastian Zängerle erwies sich als großer Erneuerer der Kirche in der Steiermark. Zu seinen Hauptanliegen gehörte die Neueinführung von Ordensgemeinschaften. Er nahm sich auch der Schulen an, besonders der Mädchenbildung, und der Förderung der christlichen Familie.
Diesen Bestrebungen des Bischofs und der Not der Zeit kamen die Anliegen unserer Gründerin Antonia Maria Lampel entgegen. Geboren 1807 in Fürstenfeld, war sie seit 1830 an einer Privatmädchenschule in Graz als Lehrerin tätig. 1841 übernahm sie die Leitung dieser Schule. Sie hatte die Vision, mit ihren Lehrerinnen eine religiöse Gemeinschaft „zum Zwecke der Bildung und Erziehung der Jugend“ zu gründen.
Am 27. September 1841 trug sie ihren Wunsch dem Bischof vor. Dieser Brief wird die „Magna Charta“ unserer Kongregation genannt. Am 29. September 1843 wurden die ersten sechs Schwestern eingekleidet. Somit konstituierte sich die neue religiöse Gemeinschaft als „Schulschwestern vom Dritten Orden des Heiligen Franziskus zu Gratz“. Diesen Tag feiern wir als Gründungstag.
Antonia Lampel erhielt den Namen Sr. Franziska. Sie war die erste Verantwortliche der neuen Gemeinschaft, die damals im Haus Neuthorgasse 395, später Andreas-Hofer-Platz 9, lebte und wirkte. Am 4. Oktober 1844 legten die Schwestern in der Franziskanerkirche die erste Profess (Ordensversprechen) ab.
Die Schule, für Mädchen aus der ärmeren Bevölkerungsschicht gedacht, zählte bereits im Jahr 1844 ca. 240 Kinder. Durch die Raumnot im ersten Haus wurde ein Grund in Algersdorf (heute Eggenberg) angekauft. Hier entstand das heutige Mutterhaus.
Die Wirren des Jahres 1848, die Sorge um die wachsende Gemeinschaft und ihre Krankheit schwächten Mutter Franziska immer mehr. Gleichzeitig zeigten sich immer deutlichere Unterschiede in der Auffassung
über das Ordensleben in Verbindung mit Erziehungsaufgaben. Die dadurch entstandenen Spannungen führten dazu, dass Mutter Franziska nach Ablauf ihrer Gelübde,schwer erkrankt, im Februar 1851 die Gemeinschaft verließ, um deren Einheit und Fortbestand zu sichern. Sie starb am 28. Mai 1851 im Haus ihres Bruders in der Grazer Innenstadt.
Das „Mitten-unter-den-Menschen-Leben und-Wirken“, die Verbindung von Arbeit und Gebet war unserer Gründerin ein besonderes Anliegen. Bei der Auswahl der Schwestern achtete sie genau darauf, dass sie diese Art des Ordenslebens erfassen: „Was den Wunsch, ein stilles, zurückgezogenes Leben führen zu können, anbelangt, so muss ich Sie aufmerksam machen, dass es im Institut der Schulschwestern oft sehr laut zugeht.“ Wer unterrichtet, sollte auch Kinder erziehen können.
265 Schwestern gehören zur Kongregation, davon 57 in Österreich.
Beim Ordensnachwuchs gehen die Zahlen auch in unserer Kongregation seit langem zurück. Daher gilt es, die Kräfte, die wir haben, für den Sendungsauftrag zu bündeln und unser Tun im Hinblick auf unsere begrenzten Ressourcen regelmäßig zu überprüfen. Für Aufgaben, die wir nicht professionell und zukunftstauglich bewältigen können, pflegen wir Vernetzungen, suchen wir Verbündete und wagen Kooperationen.
Für die Trägerschaft der Kindergärten, Tagesheime und Schulen in der österreichischen Provinz wurde gemeinsam mit den Franziskanerinnen von Vöcklabruck und Amstetten der Verein für Franziskanische Bildung (VfFB) gegründet. Dieser übernahm mit September 2022 die Trägerschaft für unsere Bildungseinrichtungen.
„Es war und ist uns wichtig, Kindern und Jugendlichen nicht nur eine fundierte Bildung, sondern auch wichtige Impulse für das Leben und die Zukunft unserer Erde mitzugeben.“
Sr. Sonja Dolesch
Sr. Sonja Dolesch, Provinzoberin und Vorstandsvorsitzende des VfFB, war eine der Initiatorinnen dieses Vereins. Einige Schwestern sind im Verein aktiv tätig: in der Leitung, als Lehrende, als Referentin für Pastoral und franziskanische Prägung oder auch an der Pforte und in der Frühbetreuung der Kinder. Alle Schwestern tragen die Anliegen des Vereins in ihrem Gebet mit.
Sr. Vera Ronai
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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