Vor den Vorhang - Das Interview der Woche
Mehr als ein Wohnplatz

Ein „Wuzeltisch“ darf im Internat nicht fehlen, erzählt die Leiterin des Bischöflichen Internats Augustinum, Sandra Schwarzenbacher. Aber Gemeinschaftsduschen findet man in der Langen Gasse 2 in Graz nicht mehr. Die Zimmer sind praktisch und modern eingerichtet. | Foto: privat
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  • Ein „Wuzeltisch“ darf im Internat nicht fehlen, erzählt die Leiterin des Bischöflichen Internats Augustinum, Sandra Schwarzenbacher. Aber Gemeinschaftsduschen findet man in der Langen Gasse 2 in Graz nicht mehr. Die Zimmer sind praktisch und modern eingerichtet.
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Im Bischöflichen Internat Augustinum leben 80 Jugendliche. Wie ihr Alltag aussieht und was das Internat alles bietet, erzählen die Leiterin und auch die SchülerInnen selbst.

Wer wohnt derzeit bei euch im Bischöflichen Internat Augustinum?
Sandra Schwarzenbacher: Wir haben aktuell 80 Jugendliche – 30 Buben bzw. junge Männer und 50 Mädchen bzw. junge Damen – im Alter von 14 bis 19 Jahren aus verschiedenen höheren Schulen in Graz bei uns im Internat. Unser Team umfasst vier PräfektInnen – so werden unsere ErzieherInnen genannt. Sie betreuen und begleiten je eine Internatsgruppe mit 20 Jugendlichen. Den kürzesten Schulweg von allen haben sicher unsere SchülerInnen aus dem Bischöflichen Gymnasium, da sie lediglich ein Stockwerk von der Schule entfernt leben. Aber auch zur HLW Sozialmanagement und zur HTL Ortweinschule ist es von uns aus nicht weit. Zudem leben bei uns auch SchülerInnen der HLA Eggenberg, der HTL Bulme, des Musikgymnasiums Dreihackengasse und des BORG Ursulinen. Uns ist es wichtig, nicht nur mit den Eltern unserer Jugendlichen in gutem Austausch zu stehen, sondern auch mit ihren Klassenvorständen. Mit vielen Schulen haben sich sehr gute Kooperationen aufgebaut, die für die Kommunikation und den Informationsfluss auch wesentlich sind.

Seit wann gibt es euch?
Schwarzenbacher: Das Bischöfliche Internat und das Bischöfliche Gymnasium haben gemeinsame Wurzeln, die bis auf das Jahr 1830 zurückgehen. Gegründet als Knabenseminar war damals der Besuch von Internat und Schule nur jungen Buben aus den ländlichen Regionen der Steiermark vorbehalten, denen eine gute schulische Bildung ermöglicht werden sollte. Dieser Gedanke hat auch heute noch seine Gültigkeit, da wir vielen jungen Menschen aus entfernteren Regionen den Besuch ihrer Wunschschule in Graz ermöglichen.
Allerdings hat sich auch vieles verändert: Seit dem Jahr 2000 werden auch Schüler im Internat aufgenommen, die eine andere allgemein- oder berufsbildende höhere Schule besuchen. 2016 kam es zu einer weiteren Öffnung, das bisherige Knabenseminar wurde geschlossen, und die ersten Mädchen zogen ein. Seither wird das Internat unter dem neuen Namen Bischöfliches Internat Augustinum koedukativ geführt. Im Laufe der Zeit haben sich auch die Räumlichkeiten und die Ausstattung enorm verändert – die Zeiten von Gemeinschaftsduschen am Gang sind bei uns längst vorüber, und unsere Jugendlichen haben ein wirklich sehr komfortables Wohnumfeld.

In eurem Namen steckt der „Bischof“ – was hat er mit euch zu tun?
Schwarzenbacher: Bischof Wilhelm war von 2006 bis zu seiner Bischofsweihe im Jahr 2015 Regens bei uns im Haus, hat damals auch im Internat gewohnt und ist dem Augustinum und insbesondere dem Internat daher sehr verbunden. Diese Verbindung ist aber nicht nur persönlicher Natur, sondern auch Ausdruck der kirchlichen Verantwortung für Bildung und Erziehung. Im Internat leben wir in einer Gemeinschaft, unsere christlichen Werte tragen uns. Dabei geht es mir vor allem darum, diese Werte tatsächlich zu leben und diese durch unseren Umgang miteinander und das Aufmerksamsein füreinander wirklich spürbar werden zu lassen.
Unsere Welt ist schnelllebig und turbulent, viele Themen betrachten wir nur noch auf ihrer Oberfläche. Wir sehen, dass viele Jugendliche auf der Suche sind und sich die Frage stellen, was im Leben wirklich Bedeutung hat, was ihnen Halt gibt. Wir wollen in unserer Arbeit auch diese sehr persönlichen Fragen nach Sinn und Tiefe im Leben aufgreifen – unabhängig davon, welcher Religion unsere Jugendlichen angehören. Eine Besonderheit bei uns ist auch das Pastoralteam, das gemeinsam mit dem Internatsteam versucht, zeitgemäß und
altersgerecht Erfahrungsräume für Lebens- und Glaubensfragen zu eröffnen.

Bei Internat denkt man zuerst an Schlafen und Essen – was bietet ihr sonst an?
Schwarzenbacher: Wir sind deutlich mehr als nur ein Wohnplatz mit Verpflegung. Wir sind ein Ort, an dem Wohnen, Lernen, Freizeit und Gemeinschaft miteinander verschmelzen. Das Zusammenwachsen unserer Jugendlichen ist uns besonders wichtig, und wir fördern dies aktiv durch unsere gemeinsamen Internatsabende, die jeden Donnerstag stattfinden. Von sportlichen, kreativen und kulturellen Angeboten über Gottesdienste und Meditationen, Schnitzeljagden durch das Haus oder spannenden Diskussionen mit interessanten Persönlichkeiten ist alles dabei. Im Rahmen unserer Internats-Wochenenden lösen wir uns auch immer wieder vom Alltag und verbringen ein Wochenende gemeinsam beim Schifahren, auf einer Hütte oder an einem See, erkunden verschiedene Städte oder genießen, wie letzte Woche, den Advent in Graz. Abseits dieser von uns organisierten Angebote gibt es viele Beschäftigungsmöglichkeiten: Wir haben eine große Sporthalle, Fuß- und Basketballplätze, einen schönen Park, einen Fitnessraum, Musikräume und natürlich dürfen in einem Internat Dart, Billard und Drehfußball nicht fehlen!

Kinder und Jugendliche, die zu Hause wohnen, werden bei schlechten Noten oder ähnlichem von ihren Familien aufgefangen. Können ErzieherInnen die Familie ersetzen?
Schwarzenbacher: Familie hat einen besonderen Stellenwert und diese vollständig zu ersetzen ist gar nicht möglich – es gibt aber viele Parallelen. Unsere PräfektInnen werden für viele Jugendliche zu echten Bezugspersonen. Sie sind MentorInnen für die persönliche Entwicklung, geben Struktur und Orientierung und sind gleichzeitig auch ImpulsgeberInnen für neue Sichtweisen. Sie sind pädagogische BegleiterInnen, die auf dem Weg zur Selbstständigkeit unterstützen, die schulische Entwicklung im Blick haben und bei Prüfungsstress oder schlechten Noten ermutigen.

Sie gestalten das Gemeinschaftsleben mit und sorgen für abwechslungsreiche Freizeitaktivitäten. Und sie stehen gemeinsam mit unserem Support-Team unseren Jugendlichen auch in Krisensituationen mit Rat und Hilfe beiseite. Diese Einbettung des Internats in ein weiteres professionelles Unterstützungssystem, bestehend aus dem Pastoralteam und unserer Psychologin, ist wie ein Netz mit doppeltem Boden und kann jederzeit von unseren Jugendlichen aktiv genutzt werden.

Und was sagen die SchülerInnen?
„Ich finde das Leben im Internat cool, mir persönlich gefällt das Internats-Fußball sehr, und insgesamt ist der ganze Aufbau sehr durchdacht und gut organisiert. Ich habe es mir eigentlich ganz anders vorgestellt – es wird sich viel mehr um dich gekümmert, als ich dachte. Ich dachte auch nicht, dass das ganze Internat so einen guten Zusammenhalt hat.“
Nico Hochfellner, 1. Internatsjahr

„Für mich war Heimweh nie ein großes Problem, da ich schon zu Beginn liebe Menschen kennengelernt habe. Natürlich ist es nicht bei jedem gleich, aber auch wenn das mal Thema war, ist immer jemand für einen da, und man kommt relativ schnell auf andere Gedanken.“
Lisa Klein, 3. Internatsjahr

„Das Leben im Internat ist besser, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich hätte nie damit gerechnet in ein so familiäres Umfeld zu kommen. Eine meiner größten Ängste war es, keine Freunde zu finden. Doch dies hat sich für mich als falsch erwiesen. Dank des Kennenlern-Wochenendes fand ich schnell Freunde, mit denen ich jetzt viel Spaß habe.“
Clemens Weingartler, 1. Internatsjahr

Interview: Katharina Grager

Anmeldung & Infos: Über die Platzvergabe wird Ende April entschieden. Anmeldefrist für das persönliche Kennenlernen: 14. März 2025. Näheres: internat.augustinum.at

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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