Adventsammlung der KMB.
Hoffnung im Wellblechmeer

Familien leben in Wellblechhütten auf unter 10 m2 – ohne fließendes Wasser und ohne ausreichende Hygiene zum Schutz vor Krankheiten.
 | Foto: Sei So Frei
7Bilder
  • Familien leben in Wellblechhütten auf unter 10 m2 – ohne fließendes Wasser und ohne ausreichende Hygiene zum Schutz vor Krankheiten.
  • Foto: Sei So Frei
  • hochgeladen von SONNTAGSBLATT Redaktion

Adventsammlung der KMB.
Woraus die Menschen vom Mukuru Slum Hoffnung schöpfen.

In Nairobi befindet sich das größte Armenviertel Afrikas. Der Mukuru Slum gehört mit mehr als 700.000 Menschen zu den am dichtesten besiedelten. Auf einem Quadratkilometer drängen 80.000 Bewohner. Zum Vergleich: In Graz wohnen 2800 Menschen pro km². Mukuru ist das Zuhause von vielen Namenlosen. Schaut man mit Satellitenbildern auf den Slum, sieht man nur weiße Flecken. Was man von oben nicht erkennt: Innerhalb des Meeres ineinander verkeilter Wellblechhütten kämpfen tausende Kinder täglich ums Überleben. Viele überleben nur, indem sie betteln oder Müll sammeln und sich von kargen Essensresten ernähren.
Bei unserem Besuch im Mukuru Slum lädt eine junge selbstbewusste Frau namens Karen das Team von „Sei So Frei“ in ihr Zuhause ein. Wie fast alle Wellblechhütten hier ist es keine zehn Quadratmeter groß: ein Sofa, ein Sessel, hinter einem Vorhang ein Bett – für einen Schrank ist kein Platz. Hier lebt sie mit ihren drei Kindern. Da ihr vierjähriger Sohn Eugene eine körperliche und geistige Behinderung hat, musste sie ihre Arbeit aufgeben. „Dank den Sisters of Mercy besteht für mich und meine Kinder wieder Hoffnung“, sagt Karen dankbar. Der Projektpartner von „Sei So Frei“ bietet für Kinder wie Eugene ein spezielles Förder- und Lernzentrum an. Ihre beiden anderen Kinder können eine der vier Grundschulen der Sisters of Mercy besuchen. Dort lernen rund 6500 Jugendliche täglich Lesen, Schreiben, Rechnen – und das Wichtigste: Sie bekommen eine Mahlzeit. Für sie ist es die Chance auf ein lebenswertes und eigenständiges Leben.

Die Menschen nicht im Stich lassen
„Es spielt keine Rolle, ob Kinder eine Behinderung haben, jeder sollte die besten Lernchancen haben“, betont Schwester Mary Killeen, die Leiterin der Sisters of Mercy. Die Motivation, die Kinder von den Straßen wegzuholen, treibt Schwester Mary jeden Tag an. Aus diesem Grund bietet die Organisation auch Ausbildungen für die Berufe Schneider, Maurer, Installateur und Computertechniker an. Jährlich schließen 150 Jugendliche aus Mukuru eine Berufsausbildung ab.
Neben Bildung ist den Sisters of Mercy auch die Gesundheit der Menschen im Slum ein Anliegen, die durch die schlechte sanitäre Situation sowie regelmäßige Überschwemmungen gefährdet ist. Infektionskrankheiten wie Typhus und Cholera sind Dauerthema. Mehr als 1500 Patienten im Monat werden in der Klinik der Sisters of Mercy betreut.
Der Ausbruch der Covid-19-Pandemie hat die Lage zugespitzt. Zu Beginn der Maßnahmen wurde der gesamte Slum von der Polizei abgeriegelt. „Doch um zu überleben, Essen zu suchen oder Gelegenheitsarbeit zu finden, müssen die Menschen das Armenviertel verlassen“, erklärt uns Schwester Mary. Es ist ein Drama mit Folgen: Die Essensausgaben der Sisters of Mercy werden seit der Pandemie überrannt. Schwester Mary will auch in dieser schwierigen Zeit nicht aufgeben: „Wir lassen die Menschen hier im Slum nicht im Stich. Denn wovon sollen sie sonst leben, woraus sollen sie sonst Hoffnung schöpfen?“

Thomas Klamminger

So können Sie spenden
Sei So Frei – KMB Steiermark:
IBAN AT65 2081 5000 0095 4222
BIC: STSPAT2GXXX
Online unter: seisofrei.at/spenden


Interview

Schwester Mary Killeen ist gebürtige Irin und lebt und arbeitet seit mehr als 40 Jahren im Mukuru Slum. Ja, es lohnt sich!

Wie hat Ihre Arbeit mit Straßenkindern begonnen?
Als ich nach Nairobi kam, begann ich als Schulleiterin in einer Grundschule. Einmal besuchte ich Kayaba, eines der Dörfer im Slum, und sah, dass Hunderte, wenn nicht Tausende von Kindern nicht zur Schule gingen. Ich wollte etwas tun, ging zur Regierung, doch es war kein Geld für Schulen da. Nur mit der Hilfe der Kirche und den Eltern der Straßenkinder konnten wir im Jahr 1984 die erste von vier Schulen erbauen.

Sie stemmen sich gegen kriminelle Kartelle, die Ihnen Schul-Grundstücke streitig machen wollen, und nehmen es mit der Müllmafia auf, die den Menschen im Slum den Lebensraum nimmt. Haben Sie keine Angst?
Ich gehe gerne für einige Zeit ins Gefängnis, wenn dadurch das Interesse der Öffentlichkeit an unseren Schulen und den Ungerechtigkeiten in den Slums noch weiter verstärkt wird.

Beim Besuch von Papst Franziskus in Nairobi haben Sie im Namen aller Hilfsorganisationen gesprochen und nicht mit Kritik an der lokalen Politik gespart, was man Ihnen dort sehr übel nahm.
Die Politiker hier hatten genug Zeit, mir zu helfen, und haben es nicht getan. Ich habe nur die Wahrheit gesagt. In meinem Körper fließt eben irisches Blut, das treibt mich weiter an. Denn die Probleme hier werden nicht kleiner.

Was motiviert Sie zum Weitermachen?
Oft ist es mühsam, und ich zweifle. Aber dann siehst du ein behindertes Mädchen aus unserer Einrichtung arbeiten oder Straßenkinder, die zur Schule gehen, um einen Beruf zu erlernen. Wenn du beobachtest, wie sie jetzt in Würde leben, anstatt sich vor der Polizei zu verstecken, dann denkst du: Ja, es lohnt sich.

Wir haben
die Freiheit …
… nutzen wir sie!

Sei So Frei“ heißt die entwicklungspolitische Aktion der Katholischen Männerbewegung, weil wir diesen Satz, diesen Aufruf, in zweierlei Hinsicht meinen. Einerseits möchten wir damit an unsere eigene Freiheit erinnern. Durch die Corona-Situation müssen wir in diesem Jahr auch in Österreich mit vielen Einschränkungen leben. Uns wird deutlich – Freiheit ist nichts Selbstverständliches.
Der Name „Sei So Frei“ soll vor allem ein Zeichen der Hoffnung und des Mutes für alle Menschen in Afrika und Lateinamerika sein, die aufgrund ihrer Lebenssituation kaum Freiheiten haben. Ein Zeichen für die Befreiung von Unterdrückung, Hunger, Krankheiten und Bildungsarmut im befreiungstheologischen Sinne und dafür, dass diese Menschen auf ihrem schwierigen Weg nicht allein sind.
Erleben wir selbst Freiheit, so können wir diese nützen, um andere Menschen dabei zu unterstützen, sich selbst Chancen zu schaffen und dadurch ein Leben in Freiheit und Würde zu leben.
Mit diesem QR-Code können Sie einen kurzen Film über das Hauptprojekt „Straßenkinder im Mukuru Slum“ anschauen. Den Film und weitere Info finden Sie auch unter: www.seisofrei.at/advent

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ