Seckauer Gespräche
Gelebte Religion
Die Zukunft Europas stand im Zentrum der Vorträge bei den diesjährigen Seckauer Gesprächen.
Zur Zukunft (eines christlichen) Europas diskutierte man am 29. und 30. September bei den diesjährigen „Seckauer Gesprächen“. Über das geopolitische Gewicht Europas gestern und heute sprach der Experte für Bevölkerungsentwicklung und Migration Universitätsprofessor Rainer Münz. Aus der Praxis über den Alltag einer interkulturellen Familie und Erwartungen als Europäer berichtete der mit einer Österreicherin verheiratete und in München wohnhafte Sohn deutsch-französischer Eltern Nicolas Burgholzer.
„Wie viel Religion verträgt Europa“, fragte der Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz Peter Schipka und deutet Säkularität und religiösen Pluralismus als Chance für das Christentum. Da Schipka kurzfristig nicht persönlich teilnehmen konnte, wurde sein Vortrag in Seckau verlesen.
Betrachtet man die Bedeutung gelebter Religion in Europa, so würden sich zwei gegenläufige Bewegungen feststellen lassen, hielt Schipka fest. Auf der einen Seite wachse die Zahl jener, die Religion als Bedrohung betrachten: „Sie fühlen sich durch religiöse Symbole in der Öffentlichkeit oder durch Glockengeläut gestört, deuten religiös geprägte Kleidung als Zeichen für das Eintreten für undemokratische politische Positionen und befürchten das Aufleben überholt geglaubter gesellschaftlicher Rollenbilder. Eine zunehmende Anzahl religiöser Menschen bedeutet in dieser Perspektive eine wachsende Gefährdung der liberalen Gesellschaft, in der wir leben.“
Auf der anderen Seite würden sich vermehrt Menschen finden, für die ihre Religion das identitätsstiftende Merkmal schlechthin sei. Persönliche Grundhaltungen würden zu einem großen Teil durch das religiöse Bekenntnis bestimmt. Politische Einstellungen beruhten auf tatsächlichen oder bloß vermeintlichen religiösen Vorgaben.
Diese beiden im Grunde gegenläufigen Bewegungen verstärkten einander allerdings noch auf paradoxe Weise: „Je mehr sich die Einen auf ihre religiös geprägte Kultur beschränken, desto gefährlicher erscheinen sie jenen, die Religion als Bedrohung empfinden. Und je stärker diese darauf hinwirken, die Gesellschaft möglichst religionsfrei zu machen, desto bedrohlicher werden sie von jenen wahrgenommen, für die ihre Religion der lebensbestimmende Maßstab ist.
Europa und Religion gehören zusammen
Diesem Befund hielt Schipka seine Überzeugung entgegen, dass Religion und ein säkularer Staat bzw. ein säkulares Europa in keinem Ausschließungsverhältnis zueinander stünden. „Europa ist nicht liberaler, wenn Religion weniger Rolle spielt. Und die Religion ist nicht überzeugender, wenn Europa schwächer ist“, so Schipka. Beide gehörten zusammen, „haben ihre jeweilige Aufgabe und stellen einander nicht in Frage“. Religionen und der Staat könnten als selbstständige Einheiten miteinander in Beziehung treten und frei kooperieren, so der Generalsekretär der Bischofskonferenz: „Das tun wir in Österreich in vielen Bereichen – ich nenne bloß den Bildungsbereich: den Religionsunterricht und die konfessionellen Privatschulen.“
Die „Seckauer Gespräche“ sind eine Initiative von engagierten Laienchristen, von denen einige als ehemalige Schüler des Abteigymnasiums die Erinnerung an Benediktinerpater Laurentius Hora (1900–1977) pflegen.
Näheres: www.seckauer-gespraeche.at
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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