Jubiläum
Der Weg zur Kärntner Diözese
950 Jahre Bistum Gurk. Ein Gang durch die Geschichte.
Im ersten Pfarrverzeichnis des Bistums Gurk, das auf den aus einem steirischen Adelsgeschlecht stammenden Bischof Johann von Ennsthal (1279–1281) zurückgeht, werden 19 Pfarren für das Bistum Gurk genannt. Von der Mitte des 15. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts trugen die Bischöfe den Ehrentitel eines Fürsten. Hatte sich das Gurker Domkapitel ab 1232 das Recht ausbedungen, aus einem Dreiervorschlag Salzburgs seinen Bischof zu wählen, so vereinbarte Matthäus Lang von Wellenburg, zuvor Bischof von Gurk und seit 1519 Salzburger Erzbischof, im Konkordat von 1535 mit dem Habsburger Herrscher Ferdinand I. folgende Regelung: Je zwei Mal sollte der Kaiser, das dritte Mal der Salzburger Erzbischof den Bischof für Gurk ernennen. Dem Salzburger Oberhirten oblag das Recht der Konfirmation (Bestätigung), Konsekration (Weihe) und Investitur (Amtseinführung).
Trotz einzelner bischöflicher Erneuerungsbemühungen waren unter den Adeligen und den Bürgern sowie unter dem Klerus die reformatorischen Lehren in Kärnten im 16. Jahrhundert weit verbreitet. Bischof Urban Sagstetter (1556–1573) trat vermittelnd zwischen den Konfessionen hervor und berief unmittelbar nach dem Konzil von Trient eine Diözesansynode (1568) zur Reform von Klerus und Volk ein. Im Zuge der Katholischen Reform kam es zur Errichtung eines Priesterseminars in Straßburg (1588). Die Bischöfe erließen Reformstatuten und führten Visitationen und Diözesansynoden durch. Neue Orden, darunter die Jesuiten, Ursulinen und Elisabethinen in Klagenfurt, begannen mit ihrem Wirken im Bildungs- und Erziehungsbereich, in Krankenpflege und Volksmission. Trotz der Gegenreformation konnte sich der Geheimprotestantismus unter den Bauern bis zur Toleranzpolitik Josephs II. halten.
Die Durchführung der josephinischen Diözesanregulierung in Gurk unter Bischof Joseph Franz Anton Graf von Auersperg (1773–1784) diente als Modell für andere Kirchensprengel Österreichs. Unter Franz Xaver von Salm-Reifferscheidt-Krautheim (1784–1822) wurde der Bistumssitz 1787 in die Landeshauptstadt Klagenfurt verlegt und die ehemalige Jesuitenkirche St. Peter und Paul zur neuen Kathedrale der Diözese Gurk erhoben.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Gurker Diözesangebiet deutlich erweitert, so durch die Einbeziehung des beinahe gesamten Anteils Salzburgs sowie von Laibacher, Lavanter und Görzer Pfarren in Kärnten. Zahlreiche im Mittelalter gegründete Klöster, so Ossiach, St. Georgen/Längsee, Gurk oder Viktring, fielen den josephinischen Aufhebungen ebenso zum Opfer wie die Bruderschaften. Hingegen wurde ein Drittel neuer Pfarren errichtet. Salm bezog 1791 das einst für Erzherzogin Maria Anna erbaute Palais in Klagenfurt (heute „Bischöfliche Residenz“).
1859 wurde Gurk zum Kärntner „Landesbistum“, nachdem das Bistum Lavant von St. Andrä im Lavanttal nach Marburg/Maribor transferiert und dessen übrigen Teile in Kärnten (Lavanttal und Völkermarkter Kreis) an die Diözese Gurk gingen, so dass diese nun 353 Seelsorgesprengel umfasste. Seit 1923 decken sich die kirchlichen Grenzen mit jenen der politischen des Landes Kärnten fast zur Gänze.
Michaela Sohn-Kronthaler
Der Bischof von Gurk im Dienst von Salzburg
Vor 950 Jahren errichtete der aus schwäbischem Adel stammende Salzburger Erzbischof Gebhard (um 1025–1088)mit Zustimmung von Papst Alexander II. und König Heinrich IV. das Bistum Gurk. Als wirtschaftliche Basis diente diesem der reiche Besitz des Klosters in Gurk, das 1043/44 von Hemma, einer der vermögendsten Frauen jener Zeit, gestiftet, jedoch vom Erzbischof fast drei Jahrzehnte später aufgehoben worden war.
Als Vorbild für die Bistumsgründung dienten Erzbischof Gebhard, der übrigens 1074 mit den Gütern von Hemma die steirische Abtei Admont errichtete, die „Chorbischöfe“ von Karantanien: Demnach war der Gurker Bischof in weltlichen und kirchlichen Belangen ganz vom Salzburger Erzbischof abhängig, hatte weder Diözesangebiet noch Domkapitel noch Zehntrechte. Er stand im Dienst des Erzbischofs und war dessen Vikar, so auch für das Gebiet der heutigen Steiermark.
Zum ersten Bischof von Gurk wurde am 6. Mai 1072 der Edle Gunther von Krappfeld (1072–1090) geweiht. Erst 50 Jahre später bekam der Bischof von Gurk vom Salzburger Erzbischof Konrad I. (1123–1144) ein Domkapitel (1123), ein Diözesangebiet mit acht Pfarren (1131) sowie die Zehntabgaben dieses Sprengels (1144) zugewiesen. So entstand mit dem Bistum Gurk Salzburgs erstes und ältestes Eigenbistum. Im 13. Jahrhundert folgten drei weitere, darunter 1218 Seckau.
Bischof Roman I. (1131–1167) ließ das Schloss Straßburg im Gurktal erbauen, das bis ins 18. Jahrhundert als bischöfliche Residenz fungierte, wobei die Bischöfe auf der Burg oder in der Stadt wohnten. Um 1140 begann Roman mit der Erbauung des Gurker Doms. In dessen eindrucksvolle 100-säulige romanische Krypta – 1174 fertiggestellt – wurden die Gebeine der weitherzigen Kärntner Kloster- und Kirchenstifterin Hemma feierlich übertragen. Ihre Verehrung als Fürsprecherin oder als Wundertäterin setzte im Volk rasch ein.
Jubiläum: Festkalender
Informationen zu den Veranstaltungen im Jubiläumsjahr:
https://www.kath-kirche-kaernten.at/950-bistum-gurk
Zwei Sprachen und Kulturen
Seit Jahrhunderten leben hier Deutsch- und Slawischsprachige.
Im langen 19. Jahrhundert spitzte sich die Nationalitätenfrage politisch und innerkirchlich zu. Kämpferische Handlungen im Vorfeld der Volksabstimmung 1920 und die leidvollen Erfahrungen der slowenischen Volksgruppe während der NS-Zeit brannten sich tief ins kollektive Gedächtnis ein.
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg blieb die Situation ungelöst. Nach Jahren der Vakanz (mit Andreas Rohracher als Kapitelvikar) wurde der Klagenfurter Joseph Köstner am 5. August 1945 zum neuen Gurker Diözesanbischof geweiht (1945–1981). Zu Beginn der 1960er Jahre wurde in vielen Schreiben ein eigener slowenischsprachiger Weihbischof verlangt. Gleichzeitig stellte die Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) mit der Muttersprache in den Gottesdiensten neue Herausforderungen für die gemischtsprachigen Pfarren dar. Gegenwärtig sind von den 336 Pfarren der Diözese 69 zweisprachig. Auch im Religionsunterricht wurde die Sprachenfrage zum Problem.
Zur Umsetzung der Beschlüsse des Konzils berief Bischof Köstner unter dem Titel
„Kirche für die Welt – Cerkev za svet“ eine Diözesansynode ein (1970–1972). Wegweisend für das Zusammenleben von deutsch- und slowenischsprachigen Gläubigen waren die Beschlüsse der dritten Session im Oktober 1972. Während sich zeitgleich die aufgeheizte Stimmung im „Ortstafelsturm“ entlud, diskutierten die Synodalen die Sprachenfrage kontrovers, aber getragen von gegenseitigem Respekt. Das dauernde Anliegen der Verständigung nahm der deutsch-slowenische Koordinationsausschuss (gegr. 1974) mit den beiden Gründungsvorsitzenden Valentin Inzko und Ernst Waldstein-Wartenberg auf. Als Ort des Dialogs und der Begegnung etablierte sich das Bildungshaus Sodalitas in Tainach.
Köstners Nachfolger Egon Kapellari (1982–2001) und Alois Schwarz (2001–2018) gingen den Weg des Dialoges und der Versöhnung weiter. Bischof Kapellari trat als großer Förderer von Kunst, Kultur und Wissenschaft auf, etwa durch die Revitalisierung des Schlosses Straßburg als Veranstaltungsort für Kunstausstellungen oder die ab 1984 stattfindenden „St. Georgener Gespräche“ mit namhaften Vortragenden. Eine Initiative zur Völkerverständigung sind seit 1982 die Dreiländerwallfahrten für Gläubige aus Friaul, Kärnten und Slowenien. Unter Bischof Schwarz konnte 2004 eine Diözesanpartnerschaft mit der Erzdiözese Sarajevo ins Leben gerufen werden. Mit Josef Marketz wurde am 3. Dezember 2019 erstmals ein Bischof für die Diözese Gurk ernannt, dessen Muttersprache das
Slowenische ist.
Markus Zimmermann
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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