Caritas
Armutsfest werden
Mehrkosten. Mehr Hilfe! Die Caritas fordert angesichts der Not in Österreich mehr staatliche Hilfe.
Wenn Herr Peter seine Pension, die von seiner Frau und die Unterstützungsleistungen des Staates zusammenrechnet und die Fixkosten abzieht, bleiben nur wenig Euro übrig, von denen er noch das Heizen bezahlen müsste. Von Lebensmitteln ganz zu schweigen. Die Frau des Südsteirers ist seit ihrem Schlaganfall halbseitig gelähmt und braucht Unterstützung. Die Pflege frisst fast das gesamte Einkommen auf. Die Caritas kann überbrückend helfen, damit die Heizung diesen Winter warm wird. Aber Dauerlösung ist das keine.
Die Präsentation der Caritas-Inlandskampagne am 19. Oktober im Marianum in Graz führte deutlich vor Augen, dass die Not in Österreich und auch konkret in der Steiermark neue Dimensionen erreicht hat. Doch Nothilfe ist das Kerngeschäft der Caritas, betont die steirische Caritas-Direktorin Nora Tödtling-Musenbichler. Natürlich wäre es schöner, nicht gebraucht zu werden, fügt sie hinzu, doch Krisen sind „unser Job“. Und den nimmt die Caritas österreichweit sehr ernst. „Mehrkosten. Mehr Hilfe!“ lautet daher auch der Titel der heurigen Inlandskampagne.
„Wir können Krise“, ist Österreichs Caritas-Präsident Michael Landau von den Fähigkeiten der kirchlichen Hilfsorganisation überzeugt und richtet dennoch neben Dank auch warnende Worte an Politik und Gesellschaft: „Wir müssen uns einen funktionierenden Sozialstaat leisten.“ Einmalzahlungen würden den Menschen in Zwangslagen zwar einen Moment des Aufatmens schenken, doch das reiche auf Dauer nicht aus, um die Situation langfristig zu entschärfen und zu stabilisieren. Denn Armut stelle nicht nur ein individuelles Problem dar, sondern destabilisiere auch unsere Gesellschaft und unsere Demokratie, gibt Landau zu bedenken.
Angesichts der Teuerungen zeige sich, dass die Sozialhilfen des Staates bei weitem nicht armutsfest seien, führt Caritas-Generalsekretärin Anna Parr an einigen Beispielen vor. Besonders die Erwerbsarmut nähme weiter zu – für viele ÖsterreicherInnen gingen sich die Lebenshaltungskosten trotz Arbeit nicht mehr aus. Zur stummen Mahnung steht ein kleiner Einkaufswagen vor dem Podium. Darin liegen Eier, Brot, Mehl und Haltbarmilch – alles Billigstprodukte. Auf einem Schild steht der Preis: 10,69 Euro kostet der kleine Wagen voll, und es ist alles, was sich Frau S. im Monat leisten kann. Sie steht vor der Entscheidung: eat or heat (Essen oder Heizen). Und ist damit leider nicht allein.
Viele haben Angst vor dem Winter
Familie Suppan treffen wir bei der Lebensmittelausgabe des Marienstüberls. Dort holen sie sich seit einem Jahr einmal in der Woche Grundnahrungsmittel und alles, was die großteils ehrenamtlichen MitarbeiterInnen von Handelsketten oder direkt von Produzenten einsammeln. Manchmal, so wie heute, sind auch Schaumrollen dabei. Ob sie sich Sorgen machen im Blick auf den nahenden Winter, fragt Caritas-Präsident Landau, während er ihnen frische Paprika überreicht. „Wir heizen mit Strom. Also ja, was soll ich sagen … es wird eben mit zwei paar Socken und einer dicken Decke gehen müssen“, erklärt Frau Suppan. Geheizt wird nur in einem Raum. Die Caritas fordert eine Reform der Sozialhilfe, eine Anpassung des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfen und einen Schutzschirm für die Ärmsten. Ob wir als Staat uns das leisten können? Für die Caritas kann die Antwort nur lauten: Wir müssen!
Katharina Grager
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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