Im Gespräch
Zu viel Aufregung?
Gedankensplitter zur Diskussion um TV-Gottesdienste aus Hartberg.
Nach der Sitzung einer Gruppe in einer Grazer Pfarre bleiben wir noch zur Jause zusammen. Da fragt mich einer, was ich zur Geschichte zu Fernsehgottesdiensten aus Hartberg sage. Ich konnte an diesem Tag noch keinen Blick in die Tageszeitung tun und erfahre erst jetzt davon. Ich sage also nichts und wundere mich nur.
Am Tisch werden emotionale Wortmeldungen laut. Obwohl niemand weiß, was genau vorgefallen ist und was eigentlich kritisiert wird, wird vermutet: Sind diese Gottesdienste zu modern? Sind sie zu lustig? Haben irgendwelche Texte nicht ganz genau gestimmt? Ist Neid im Spiel? Hätte die Predigt nicht im Boot stattfinden dürfen? Das war bei Jesus auch, werfe ich ein.
Für meinen Geschmack ist zu schnell die Alternative da: Hier der beliebte, kreative Seelsorger, dort die mächtige Institution, die alles verbietet. Solche Sachlagen sind natürlich schon vorgekommen. Aber nicht jeder Konflikt kann darauf verkürzt werden. Das kann unfair sein, zumal dann, wenn die Emotion größer ist als die Information. Zurück bleibt leider oft nur ein fahler Nachgeschmack über „die Kirche“.
Wenn ich mir ein Fußballspiel anschaue, halte ich meistens mit einem Team. Trotzdem versuche ich das Geschehen möglichst objektiv zu beurteilen. Auch ein Elfmeter gegen „meine“ Mannschaft kann gerecht sein.
In einer Diskussion gehört das Anliegen beider Seiten angeschaut. Die Pfarre Hartberg und ihre Verantwortlichen zum Beispiel dürfen keinesfalls entmutigt werden in ihrem Anliegen, Feiern auf kreative, zeitgemäße und jugendgerechte Art zu gestalten und dabei auch neue und originelle Wege zu suchen. Das macht vielen Menschen Freude und gibt Anregungen über die Pfarre hinaus.
Ein berechtigtes Anliegen steht aber auch hinter jenen Standards, die die Liturgieverantwortlichen der Diözese und der ORF für Gottesdienstübertragungen am Sonntag aufgestellt haben. Dass aus der Bibel jene Texte genommen werden, die an diesem Sonntag weltweit verkündet werden. Dass das zentrale Gebet der Messe, das Hochgebet mit der Wandlung der Gaben, ein Gebet der ganzen Kirche ist (13 solche Texte stehen ohnehin zur Auswahl). Nicht wer die Musik macht, ist entscheidend, auch nicht ob sie mehr „poppig“ oder mehr „klassisch“ ist, sondern ob ihr Inhalt das besingt, was im Gottesdienst geschieht. Die Grundstimmung des Gottesdienstes ist Freude. Da hat Spontanes und auch Originelles Platz. Aber Originalität ist kein Selbstzweck. Es kann für einen Gottesdienst das eine oder andere „No go“ geben.
Manchmal reden wir allzu schnell von „Vorschriften“ und finden solche oft negativ. Wichtiger wäre, nach dem Sinn und Wesen des Gottesdienstes zu fragen. Wenn es „No go’s“ gibt, ergeben sie sich daraus. Nur zu fragen, ob eh alles korrekt ist, kann den Gottesdienst am Menschen vorbeigehen lassen. Nur nach einem (angenommenen) Publikumsgeschmack den Gottesdienst zu gestalten, kann zu seichter „Boulevard“-Liturgie führen.
Das Grundanliegen eines Gottesdienstes mit einzelnen Anliegen der Feiernden zu verbinden, kann für jeden Seelsorger, für jede Seelsorgerin zu einer Herausforderung werden. Die Diskussion um hoffentlich bald wieder mögliche Fernsehgottesdienste aus Hartberg sollte helfen, der Verbindung beider Anliegen zu dienen.
Herbert Messner
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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