Hirtenwort
Kirche ist eben mehr
Bischof Wilhelm Krautwaschl zieht in einem Hirtenwort anlässlich wieder begrenzt möglicher gemeinsamer Gottesdienste eine Bilanz aus der Corona-Krisenzeit.
Nach einigen Wochen, in denen uns viel von unserem gemeinschaftlich-kirchlichen Leben durch ein Virus genommen war, ist es uns – in einer ersten Stufe, der weitere folgen werden – unter Auflagen wieder möglich, gemeinsam Messe zu feiern. Darauf durften wir vertrauen, und dafür dürfen wir nun dankbar sein. In dieser Haltung können wir endlich alles, was passiert ist und sich in der Welt verändert hat, im Haus Gottes vor Gott hinlegen.
Wir haben einiges gelernt in dieser Zeit:
• Kirche ist mehr als die Sonntagsmesse. Machen wir daher auch weiterhin ernst damit, dass sich Christsein im alltäglichen Leben abspielt.
• Kirche ist mehr als die gemeinsame Feier. Lassen wir nicht nach im Bekenntnis unseres Glaubens dort, wo wir leben – wenn wir ein Tischgebet sprechen, den Rosenkranz beten oder uns einfach zwischendurch mit ein paar Worten an Gott wenden.
• Kirche ist mehr als die Erfüllung der Sonntagspflicht. Kehren wir daher auch nicht einfach zum „Leben davor“ zurück. Es ist ohnedies nicht möglich, weil uns Einschränkungen und Behinderungen noch geraume Zeit begleiten werden. Werden wir kreativ, unser Leben aus dem Evangelium allein, im kleinen Kreis und auch gemeinsam zu gestalten.
Wir haben die Entdeckung gemacht: Die Kirche wie auch ihre Lebensäußerung in den Sakramenten sind nicht das Ziel, sondern Mittel, um auf dem Weg zu Christus voranzukommen. Diese Erkenntnis über die Bedeutung der Kirche ist heilsam und tut not. Denn der Kirche geht es darum, die lebendige Beziehung zu Gott zu ermöglichen und zu vertiefen. Sie ist nicht Selbstzweck. Kirche ist eben mehr.
Ostern hat damals die Jüngerschar gehörig durcheinandergebracht: Das Leben konnte nicht so weitergehen, wie sie es sich ausgemalt hatten in der Zeit, als Jesus leibhaftig mit ihnen unterwegs war. Unser Ostern hat uns heuer auch gehörig verändert: Unser Weg in der Kirche und in unserer Welt kann auch nicht so weitergehen, wie wir das gewohnt waren. Ein Virus, unsichtbar und winzig, hat der ganzen Welt ihre Grenzen aufgezeigt; Kirche und Gesellschaft sind eben nicht nur „unser Werk“!
Deswegen: Leben wir weiterhin aufmerksam füreinander – denn da gibt es Menschen, die ihre Arbeit verloren haben, und Wirtschaftstreibende, die weder aus noch ein wissen. Da gibt es Katastrophen in der ganzen Welt, da gibt es Flucht und Hunger, da gibt es Einsamkeit und unsichtbare Not, da gibt es jene, die zu bis zum Umfallen arbeiten, und jene, die an den Folgen des Virus in der Familie oder schlimmer noch allein zu Hause zu leiden haben. Stehen wir zusammen, weil es unser Auftrag als Kirche insgesamt und in der Diözese Graz-Seckau ist, die innigste Gemeinschaft mit Gott und untereinander zu leben.
Ich danke Ihnen und speziell jenen, die in der Seelsorge auch unter erschwerten Bedingungen gelebt und gewirkt haben, für Ihre Geduld und Ihre wachsame Nächstenliebe. Behalten wir das bei, und vergessen wir nicht auf jene, die aufgrund der Einschränkungen nach wie vor nicht mit uns feiern können. Gerade ihnen schulden wir das, was wir immer und jedem schulden: einzig und allein die Liebe – in all unseren Lebensäußerungen (vgl. Kol 3,14).
Gott behüte und segne Sie alle auf die Fürsprache von Maria, der dieser Monat geweiht ist!
Ihr
Bischof Wilhelm Krautwaschl
Lockerung für Gottesdienste
Mit 15. Mai sind wieder gemeinsame Gottesdienste in unseren Kirchen möglich, allerdings unter klaren Auflagen (Mund-Nasen-Schutz, Abstand, zahlenmäßige Beschränkung).
Konkrete Info erhalten Sie in Ihrer Pfarre!
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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