Sternsinger
Die Heiligen Drei Könige im Wandel
Am 6. Januar feiert die katholische Kirche das Fest der Heiligen Drei Könige und tausende Sternsinger sind in unseren Pfarren unterwegs, um Jesu Geburt zu verkünden, Segenswünsche für das neue Jahr zu bringen und für Kinder in armen Ländern der Welt zu sammeln. Das Erscheinungsbild der Heiligen Drei Könige hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt: Vielerorts fehlt heute der König mit dem schwarz geschminkten Gesicht.
Als Zeichen ihres Besuches ist auf den Türen der Häuser und Wohnungen CMB mit dem Jahresdatum zu lesen. CMB – die Abkürzung steht für „Christus mansionem benedicat“ – Christus segne dieses Haus. Zugleich weisen die Buchstaben auf die allgemein verbreiteten Namen der drei Weisen aus dem Morgenland hin, die sich nach biblischem Bericht an einem neu aufgegangenen Stern orientierten und so nach Betlehem zum neugeborenen Jesuskind kamen: Caspar, Melchior und Balthasar.
Das Matthäus-Evangelium erzählt je nach Übersetzung von Weisen, Magiern oder Astrologen aus dem Osten, die, einer Sternenkonstellation folgend, über Jerusalem nach Betlehem kamen, um den neugeborenen König der Juden zu suchen. Sie fanden ihn in einem Stall und schenkten dem Jesuskind Gold, Weihrauch und Myrrhe. Der Kirchenlehrer Origenes (ca. 185 bis 255 n. Chr.) sprach erstmals von der Dreizahl der Magier, die er aus den drei Geschenken herleitete. Der Kirchenlehrer Tertullian (ca. 160 bis 225) führte Schriftstellen aus dem Alten Testament an, um die Magier als Könige bezeichnen zu können.
Caspar, Melchior und Balthasar
Im Volksglauben schließlich manifestierten sich die Magier als Könige verschiedener Erdteile, deren Zahl sich in Anbindung an die Geschenke auf drei festlegte. Seit dem 6. Jahrhundert werden ihre Namen mit Caspar, Melchior und Balthasar angegeben. In der Kunst wird zumeist Caspar als Myrrhe schenkender Afrikaner, Melchior als Goldschätze überreichender Europäer und Balthasar als asiatischer König gezeigt, der Weihrauch zur Krippe bringt.
Nach einer Legende wurden die Gebeine zunächst in Konstantinopel aufbewahrt. Später sollen die sterblichen Überreste nach Mailand gelangt sein. Der Kölner Erzbischof und Reichskanzler von Kaiser Barbarossa, Rainald von Dassel, überführte die Gebeine 1164 als Kriegsbeute nach Köln. Der von Nikolaus von Verdun Anfang des 13. Jahrhunderts geschaffene und im Kölner Dom aufbewahrte Schrein gehört zu den wichtigsten Goldschmiedearbeiten des Mittelalters.
„Blackfacing“
In den vergangenen Jahren entwickelten sich eine Diskussion und Proteste, weil katholische Sternsinger, als Heilige Drei Könige verkleidet, zur Weihnachtszeit mit einem schwarz geschminkten König von Haus zu Haus ziehen. In so mancher Pfarrgemeinde wird inzwischen auf das Schminken ganz verzichtet.
Das sogenannte „Blackfacing“ – 2015 als Begriff zum Anglizismus des Jahres gewählt – gilt manchen als Angriff auf die Menschenwürde. Nicht zuletzt angeregt durch die „Black-Lives-Matter“-Proteste und das gestiegene Feingefühl für solche Sachverhalte – wird es von Kritikern als Verkörperung kolonialrassistischer Stereotype betrachtet.
Eine Darstellung, die damals geradezu als Zeichen der Aufgeschlossenheit für Afrika gedeutet wurde.
Dabei können die Anfänge der Darstellung eines dunkelhäutigen Königs in der christlichen Bildsprache und in der europäischen Kunst geradezu als Zeichen der Aufgeschlossenheit für Afrika gedeutet werden.
Erst ab Ende des 14. Jahrhunderts, so der französische Mittelalterhistoriker Michel Pastoureau in seinem Buch „Schwarz. Geschichte einer Farbe“, finde sich auf Wappen und Bildern ein schwarzhäutiger König: „Seine Darstellung bezeugt eine neue Einstellung zu Afrika und zur Farbe Schwarz.“ Zuvor, im europäischen Mittelalter, war schwarze Haut in Literatur und Malerei fast ausschließlich negativ besetzt. Sie wurde denjenigen zugeschrieben, die sich außerhalb der gesellschaftlichen, religiösen oder moralischen Ordnung bewegten – vor allem Henkern, Hexen und Teufeln. Auch der Verräter Judas wurde oft mit dunkler Haut, schwarzen Lippen – wegen des verräterischen Kusses – oder mit schwarzem Heiligenschein dargestellt.
Symbolische Bedeutung
Dunkle Hautfarbe sprachen die mittelalterliche Malerei und Literatur auch den Sarazenen zu, also den muslimischen Gegnern der hellhäutigen und blonden Kreuzritter. „Je dunkler die Haut, desto suspekter die Person“, fasst Pastoureau die symbolische Bedeutung der Farbe zusammen.
Aus Sarazenen wurden im Sprachgebrauch Mauren (von Mauretanien), auf Deutsch auch Mohren. Das schloss nicht nur die Völker Nordafrikas ein, sondern sämtliche Muslime von Spanien bis zum Mittleren Osten. Das änderte sich mit dem 14. Jahrhundert. Schwarz wurde positiv aufgeladen, symbolisierte Autorität und Nüchternheit. Es hielt Einzug in die Kleidung der Patrizier in den Städten und in die Amtstracht von Würdenträgern und Geistlichen. Es wurde zur Farbe der Königshäuser und der Kurie. Und in Malerei und Literatur tauchen vermehrt positiv besetzte Persönlichkeiten mit schwarzer Hautfarbe auf. Und auch einer der Heiligen Drei Könige wird plötzlich dunkel – etwa in Hieronymus Boschs Altarbild „Anbetung der Heiligen Drei Könige“.
Wachsende Neugier
Schwarze Hautfarbe steht ab jetzt für Exotik und für den Anspruch des Christentums, alle Völker zu bekehren. Nicht zuletzt spiegelt sich für Pastoureau darin die wachsende Neugier der Europäer, die sich mehr und mehr über die Grenzen des eigenen Kontinents hinauswagten.
Vorreiter: Königin von Saba und der im Abendland verehrte heilige Mauritius.
Allerdings: Trotz dieses spektakulären Farbwechsels war der schwarze König laut dem französischen Mittelalterforscher „weder das älteste noch das beste Beispiel für die Christianisierung einer dunkelhäutigen Figur“. In dieser Rolle ging ihm nicht nur die legendäre Königin von Saba voraus, die im Alten Testament König Salomo einen Besuch abstattete, sondern auch der im ganzen Abendland verehrte heilige Mauritius (Moritz).
Mauritius war Kopte und römischer Soldat. Er starb im 3. Jahrhundert den Märtyrertod. Wegen seiner Tapferkeit stieg er im 12. Jahrhundert neben Sankt Michael und Sankt Georg zum Schutzpatron der Ritter auf. War sein Gesicht in den Darstellungen anfangs ebenfalls weiß, so nahm er seit dieser Zeit immer deutlicher afrikanische Züge an. „Der Schutzpatron der Ritter war von da an ein Schwarzer, der seine afrikanischen Züge mit Stolz zur Schau trug“, schreibt Pastoureau.
Sternsingen heute
Vielerorts wird heute in den Pfarren auf das Gesichtschwärzen eines Königs bei den Sternsingern verzichtet. Im Vorjahr wandten sich die Initiatoren des „Black Voices Volksbegehren“ in einem Offenen Brief an die Katholische Jungschar, zu der die Dreikönigsaktion gehört, und forderten ein Ende des sogenannten „Blackfacings“. Dass das Schwärzen eines weißen Gesichts „kein Akt der Wertschätzung, sondern eine Degradierung schwarzer Menschen darstellt“, zeige sich mit Blick auf die Geschichte, hieß es im Brief.
Bereits im 18. und 19. Jahrhundert bemalten weiße Menschen ihre Gesichter schwarz, „um sich in sogenannten Minstrel Shows über schwarze Menschen lustig zu machen und diese als stets fröhliche, aber dumme Sklaven zu degradieren“, wird im Brief weiter erläutert. Auch heute noch werde Blackfacing verwendet, um Schwarze zu stereotypisieren, zu exotisieren sowie herabzuwürdigen, so das Team des Volksbegehrens. Das geschieht etwa in der Unterhaltungsbranche.
Seitens der Katholischen Jungschar wurde Gesprächsbereitschaft über die Praxis betont und auch, dass die Debatte intern schon vor längerer Zeit einen Nachdenkprozess ausgelöst habe. Der Wunsch über diesen Brauch nachzudenken sei auch aus den Pfarren gekommen, wurde von der Jungschar unterstrichen. Und nachdrücklich betont wurde auch, dass es der Dreikönigsaktion um Kinder gehe, die sich für andere Kinder im Globalen Süden einsetzen. Hinter dem Brauch stecke „keine rassistische Absicht“, sondern eine historische Entwicklung, weil die Heiligen Drei Könige die damals drei bekannten Kontinente darstellen sollten. Die Katholische Jungschar sei gegen jede Form von Rassismus und Diskriminierung. Hintergrund des Brauchs sei, dass die Botschaft Jesu für alle Menschen – unabhängig ihrer Hautfarbe – gelte.
Volksbegehren
Übrigens: Das antirasistische Volksbegehren verfehlte im September 2022 knapp die notwendige 100.000-Unterschriften-Hürde. Es fehlten 619 Stimmen, damit die Inhalte im österreichischen Nationalrat hätten behandelt werden müssen.•
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.