Jahr des Gebets: Vorbereiten auf das Heilige Jahr 2025

Mag. Michaela E. Lugmaier und Dechant Herbert Döller. | Foto: zVg

In Vorbereitung auf das Heilige Jahr 2025 hat Papst Franziskus für das Jahr 2024 ein Jahr des Gebets ausgerufen. Für die Diözese St. Pölten beauftragte Bischof Alois Schwarz Dechant Herbert Döller, diese Jahre zu begleiten. Im Gespräch mit „Kirche bunt“ sprechen Dechant Döller und Michaela E. Lugmaier vom Ressort Erwachsenenbildung, zuständig für die Themen Exerzitien und Spiritualität, über das Jahr des Gebets in der Diözese, über Angebote im heurigen Jahr und das Beten.

Sie sind in der Diözese mit dem Jahr des Gebets beauftragt. Was konkret sind Ihre Aufgaben?

Dechant Herbert Döller: Dem Bischof ist das Heiligen Jahr und das Jahr des Gebets ein besonderes Anliegen und es ist ihm wichtig, dass es jemanden in der Diözese gibt, der das sozusagen am Köcheln hält. Ich verstehe mich als jemand, der schaut, was in unserer Diözese dazu schon geschieht und der nachfragt. Es ist kein Amt oder eine formelle Ernennung damit verbunden – einfach ein Ersuchen des Bischofs, dass ich mich in der Diözese darum annehme.

Was ist in unserer Diözese geplant?

Döller: Der Heilige Vater will, dass sich die Gläubigen auf das Heilige Jahr vorbereiten – so war 2023 schon das Jahr des Konzils und das Jahr 2024 ist das Jahr des Gebets. In Bezug auf das Jahr des Gebets gibt es in unserer Diözese schon konkrete Projekte, die vom Ressort Erwachsenenbildung vorbereitet wurden. Frau Lugmaier hat ein Programm ausgearbeitet, das größtenteils digital zugänglich sein wird. Aber es gibt auch andere Angebote: Ich bin dankbar, dass „Kirche bunt“ das heurige Jahr mit einer wöchentlichen Rubrik unter dem Titel ,,Mein Gebet“ begleiten wird, da stellt jemand aus der Diözese sein bzw. ihr Lieblingsgebet vor – und damit wird auch ein Gebetsschatz erarbeitet. Geplant ist, dass in der Fastenzeit einige Menschen ihr Gebet Tag für Tag in Kurzvideos vorstellen.

Michaela E. Lugmaier: Vom Themenbereich her sehe ich zwei Schwerpunkte: Hinweise auf bestehende Angebote geben, wie Exerzitien, Exerzitien im Alltag, Tage der Stille oder Links zu guten Apps, wo man mit dem Gebet vertraut gemacht wird, wie es u. a. verschiedene Orden anbieten. Diese Linksammlung soll über die Website der Diözese zugänglich gemacht werden. Mit den ,,Prayer stations“ – Wege des Gebets mit diözesanen Ordensleuten – soll der Schatz dieser christlichen Tradition gehoben werden. Zudem wird es u. a. am 23. März einen Thementag mit Prof. Gral zum Vater Unser geben.

„Das Gebet ist der Schlüssel am Morgen und der Riegel am Abend.“


Wir reden vom Jahr des Gebets und den verschiedenen Angeboten, was aber bedeutet beten überhaupt?

Lugmaier: Mir fällt da Teresa von Avila ein, die sagt: „Beten ist Reden mit einem guten Freund.“ Beim Beten kann ich mitteilen, wie es mir geht und wie es mir ums Herz ist.

Döller: Als Seminaristen haben wir einmal eine Rätselzeitung bekommen, da war ein Rebusrätsel drinnen und die Lösung lautete: „Das Gebet ist der Schlüssel am Morgen und der Riegel am Abend.“ Seither geht mir dieses Zitat nach, von dem ich erst später erfahren habe, dass es von Mahatma Ghandi stammt. Das Wort Schlüssel ist hier ein wichtiges Wort: Das Gebet schließt mich auf für Gott, es öffnet mich, stößt eine Tür auf und macht mein Leben weit. Und der Riegel steht für mich für die Stille und Zurückgezogenheit, für das In-sich-Kehren und dabei mit Gott in Verbindung treten. Diese zwei Worte charakterisieren für mich, was Gebet bedeutet.

Was raten Sie Menschen, die nicht wissen, wie sie beten sollen?

Lugmaier: Da würde ich raten, klein zu beginnen. Danken und bitten, oder dass man am Abend auf den Tag zurückschaut, was da alles war und einen bewegt hat. Um überhaupt ins Gebet zu kommen, setzt voraus, dass ich mich hinsetze, still werde und ins Hören komme. Denn Beten und Hören gehören zusammen. Es geht aber auch um den richtigen Ort, die richtige Zeit und um die Gottesbeziehung. Und wichtig ist, dass das Gebet realitätsbezogen ist. Gott ist nicht der Wunscherfüller, dem ich meine Wünsche aufzwinge, sondern es geht darum, meine Sehnsucht ins Gespräch mit ihm zu bringen. Es wird vielleicht das, weshalb oder worum ich bete, nicht so in Erfüllung gehen, aber wenn ich realitätsbezogen bleibe, wenn man z. B. um ein weises Herz oder Klarheit bittet, um eine gute Unterscheidung oder dass man in bestimmten Situationen die guten Worte findet, dann ist das realitätsbezogener, anstatt um einen Lottogewinn oder um etwas ganz Großes zu beten. Und: Das Beten kann man einüben, dabei kann auch eine geistliche Begleitung hilfreich sein.

Döller: Diesem Menschen würde ich sagen: Probieren Sie es einmal. Ich würde ihm auch raten, Tag für Tag eine Zeit der Stille, eine Zeit des Sich-Zurücknehmens zu wählen, um mit Gott zu reden. Ich rate: Nehmen Sie an, dass Gott da ist und reden Sie mit ihm. So wie Sie mit einem guten Freund oder Partner reden. Erzählen Sie ihm von sich. Das Beten ist wie Schwimmen: Es geht darum, es zu praktizieren. Wenn ich sage, ich möchte schwimmen lernen, aber es dann nicht tu, dann werde ich nie wissen, wie das ist. Das heißt auch, beim Beten braucht es das regelmäßige Tun.

Gibt es Zeiten, wo es schwer ist, zu beten?

Döller: Ja, solche Zeiten kann es geben. Ich habe eine solche Erfahrung bei meinem Vater erlebt, der in seiner Krankheit das auch gesagt hat. Mir geht es so, wenn ich viel zu tun habe, wenn eins nach dem anderen kommt und wenn es ständig etwas zu tun gibt, dann kommt das Gebet oft zu kurz. Und es drängen sich immer viele Gedanken dazwischen. Da fällt der Trost eines geistlichen Begleiters ein, der mir mit dem heiligen Franz von Sales gesagt hat: „Und wenn deine Gedanken beim Beten wandern und spazieren gehen, dann hole sie behutsam zurück in die Gegenwart Gottes. Und wenn du ein Leben lang nichts anderes getan hast, als in die Gegenwart Gottes zurückzukehren, dann hast du gut gebetet.“

Welches Gebet ist Ihr Lieblingsgebet bzw. ist Ihnen persönlich wichtig?

Döller: Ein Gebet, das ich jeden Tag bete, ist das Responsorium der Komplet des Stundengebets: „Mein Gott auf dich vertraue ich, in deine Hände lege ich mein Leben.“ Dieses Wort korrespondiert auch mit meinem Primizspruch, das ein Gebet des Dichters Eduard Mörike ist: „Herr, dir in die Hände sei Anfang und Ende, sei alles gelegt.“ Diese Hingabe, sich in die Hand Gottes zu legen, das ist mir sehr wichtig.

Lugmaier: Meine Präferenzen wandern da ein bisschen, weil sich auch die Situationen im Leben ändern, aber ich schätze besonders zwei Gebete: Das Sonnengebet – Leibgebet –, da gibt es ja verschiedene Varianten und von Edith Stein „Frag mich nicht nach meinen Sehnsuchtswegen…“

Herr Dechant, was ist Ihr persönlicher Wunsch für das Jahr des Gebets?

Döller: Ich wünsche mir, dass sich viele Menschen in diesem Jahr Gedanken über das Gebet, vor allem über das persönliche Gebet, machen. Und für das Heilige Jahr wünsche ich mir, dass das Bewusstsein wächst, dass es schön ist, zu einer weltweiten Kirche mit einem irdischen Zentrum zu gehören und dass wir auch hier bei uns in der Diözese als Pilger der Hoffnung unterwegs sind zum eigentlichen Zentrum, unserem Herrn Jesus Christus. Wichtig ist mir auch, dass das Thema Versöhnung artikuliert wird. Das ist eines der wesentlichen Punkte, warum es überhaupt das Heilige Jahr gibt: der Gedanke der Versöhnung.

Wie wichtig ist das Gebet im Leben?

Döller: Das Gebet ist ja in allen Religionen zu Hause. Vom christlichen Standpunkt muss ich sagen, mein Glaube ist erst dann wirklich, wenn ich zu Gott Du sage, wenn ich Gott anspreche – dann bin ich überzeugt, dass ich ein Gegenüber habe. Sonst ist die Gefahr groß, dass Gott eine Theorie bleibt.

Heiliges Jahr 2025

Das Heilige Jahr ist ein Jubiläumsjahr in der katholischen Kirche. Es wird regulär alle 25 Jahre begangen. Biblisches Vorbild ist das Jubeljahr (Levitikus 25), ein alle 50 Jahre begangenes Erlassjahr. Das erste Heilige Jahr wurde 1300 von Papst Bonifatius VIII. (1294-1303) ausgerufen. Ursprünglich als Jahrhundertereignis gedacht, wurde es zunächst im Abstand von 50 und dann 33 Jahren wiederholt. Der Rhythmus von 25 Jahren besteht seit 1470. Das Heilige Jahr 2025 steht unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“. Zentrale Elemente der Jubiläumsjahre sind eine Rom-Wallfahrt, die Heilige Pforte im Petersdom und ein Ablass der Sünden.
In Vorbereitung auf das Heilige Jahr hat Papst Franziskus u. a. ein Jahr des Gebets vorangestellt. Das Gebet, so der Papst, sei ein „Hauptweg zur Heiligkeit“ und ermöglicht es jedem, Gott gegenüber das auszudrücken, was im tiefsten inneren Herzen verborgen ist.

Mein Gebet


Mag. Michaela E. Lugmaier wählte ein Gebet von Mechthild von Magdeburg, weil es eine große Kraft habe.

Das Gebet macht ein bitteres Herz süß,
ein trauriges Herz froh,
ein armes Herz reich,
ein törichtes Herz weise,
ein zaghaftes Herz kühn,
ein schwaches Herz stark,
ein blindes Herz sehend.
Es zieht den großen Gott in ein kleines Herz.
Es treibt die hungrige Seele
hinauf zu dem Gott der Fülle.

Autor:

Sonja Planitzer aus Niederösterreich | Kirche bunt

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