Zeichen der Nächstenliebe
Der Welttag der Armen am Elisabethsonntag
Am Elisabethsonntag, 14. November, begeht die Weltkirche den „Tag der Armen“. Der Papst fordert die Gläubigen an diesem Tag auf, ein Zeichen der Nächstenliebe zu setzen und ganz besonders den Dienst am Nächsten in den Mittelpunkt zu stellen. In den Pfarren wird an diesem Tag für Menschen in Not im Inland gesammelt.
Barbara König lebt im nördlichen Waldviertel in einfachsten Verhältnissen auf einem kleinen Bauernhof, den sie sehr günstig mieten kann. „Einiges wäre an dem alten Gebäude schon zu reparieren“, erzählt die 71-Jährige. Sie sei froh, dass sie vieles noch selber machen kann. Frau König hat ein schweres Leben hinter sich: Aufgewachsen ist sie mit ihren fünf jüngeren Geschwistern ab dem zehnten Lebensjahr in einem SOS-Kinderdorf. Später absolvierte sie eine Schneiderlehre, lernte ihren Mann kennen, sie haben drei Kinder. Doch der Mann verlässt sie wegen einer Jüngeren.
Weil Barbara König als Schneiderin keine Arbeit mehr findet, lässt sie sich zur Pflegehelferin ausbilden – ein Beruf, den sie bis zur Pensionierung ausübt. Doch in der Liebe hatte die Frau kein Glück. Heute ist sie allein und hofft, das sie noch lange den Bauernhof mieten kann und gesund bleibt. Mit ihrer kleinen Pension kommt sie einigermaßen über die Runden, ihre Lebensmittel bezieht sie ausschließlich aus dem Caritas Sozialmarkt. Und in der Caritas Sozialberatung hat sie nun um einen Termin angesucht, denn hier ist es zusätzlich zur Beratung zu ihrer Lebenssituation auch möglich, finanzielle Überbrückungshilfen bzw. einen Heizkostenzuschuss zu erhalten.
Auch Waltraud Hisböck wohnt in bescheidenen Verhältnissen. Sie lebt in Krems von einer kleinen Invaliditätspension und hat sich mit Hilfe der Caritas ein gutes Netzwerk an Hilfen aufgebaut. So wird die gesundheitlich sehr eingeschränkte Frau von ihrer Nachbarin im Alltag unterstützt. Früher arbeitete Frau Hisböck in einer Bäckerei und war im Gastgewerbe tätig. Mit 28 Jahren erkrankte sie an Knochentuberkulose und musste lange im Gipsbett liegen. Drei Jahre dauerte es, bis sie sich wieder von dieser Erkrankung erholte. Nach mehreren Operationen hat sie heute eine 70-prozentige Behinderung und kann nur langsam mit dem Rollator gehen.
Waltraud Hisböck war die allererste Kundin des Sozialmarktes (soma) in Krems, als dieser im Jahr 2007 eröffnet wurde. Seit 2019 wird der soma von der Caritas betrieben. Dort kauft die 60-Jährige ein. „Große Sprünge sind mit der Invaliditätspension nicht möglich, da muss ich mir das Geld bis zum Monatsende gut einteilen“, erzählt sie. Seit einiger Zeit wird sie nun auch von der Caritas Wohnassistenz begleitet, die Waltraud Hisböck bei Behördengängen oder Arztbesuchen, aber auch im Alltag z. B. beim Einkaufen im soma unterstützt.
Bewegtes Leben
Auch Waltraud Hisböck hat ein bewegtes Leben hinter sich. 2002 wurde sie im Sommer vom großen Jahrhundert-Hochwasser überrascht, bei dem Krems stark betroffen war. „Bis zum Bauch ist mir das Wasser plötzlich in der Wohnung gestanden, ich war völlig verzweifelt, das Wasser war überall“, erinnert sie sich. Die Wohnungen waren so stark beschädigt, dass sie abgerissen und an selber Stelle neue kleine Wohneinheiten errichtet wurden. Waltraud Hisböck konnte 2004 wieder dort einziehen, worüber sie sehr froh ist.
Im Februar 2021 wurde Waltraud Hisböck nach einem Krankenhausaufenthalt positiv auf Corona getestet. Sie erkrankte schwer. In dieser Zeit wurde sie von der Caritas Wohnassistenz weiter betreut und versorgt. Heute geht es ihr wieder einigermaßen gut, aber der Verlust des Geschmackssinns ist geblieben.
Für die Zukunft wünscht sich Waltraud Hisböck, dass sich ihr Gesundheitszustand nicht verschlechtert, dass nach der Coronazeit die Menschen wieder mehr zusammenkommen und miteinander reden, denn diese Zeit der verringerten Kontakte und Beschränkungen hat ihr schon sehr zugesetzt.
Barbara König und Waltraud Hisböck sind zwei Einzelschicksale, die aufzeigen, dass die Caritas dort hilft, wo Menschen in Not sind und nicht mehr weiterwissen. Frauen sind eine besonders betroffene Gruppe. Schon vor der Corona-Krise waren mehr Frauen als Männer armutsbetroffen oder -gefährdet.
Ein ungewisser Winter steht vor der Tür
Armut im Alltag bedeutet, dass die betroffenen Menschen z. B. Probleme damit haben, die Miete, größere Anschaffungen (etwa eine neue Waschmaschine) oder Reparaturen zu stemmen oder dass sie ihre Wohnung nicht angemessen heizen können. Armut bedeutet auch, dass es kein Geld für Kinokarten gibt oder dafür, einmal Essen zu gehen. Armut ist deshalb so tückisch, weil sie oft nicht gleich ersichtlich ist. Sie schließt die betroffenen Menschen sozial aus und hat weitreichende Auswirkungen auf ihre Lebensrealität.
Ein ungewisser Winter steht nun vor der Tür und die Corona-Krise hat ihre Spuren hinterlassen. Viele haben eine belastende Zeit hinter sich, haben vielleicht einen Angehörigen verloren, mussten zurückstecken. Viele hat Corona aber auch in die Armut getrieben oder diese weiter verschärft. So mancher Betroffener hat sich erst in der Coronakrise an die Caritas gewandt, weil die Not wirklich existenziell geworden ist. Die Betroffenen suchen Hilfe, weil sie die Kosten des Alltags nicht mehr bezahlen können: Mieten, Energiekosten oder Lebensmittel. Geldsorgen, Einsamkeit, Scham und nicht zu wissen, wie man den nächsten Monat überstehen soll, verschärfen die psychische Belastung, die die Corona-Zeit ohnehin mit sich bringt. Viele Menschen sind erschöpft.
Dank der großen Solidarität zahlreicher Spender im Jahr 2020 konnte die Caritas tausenden Menschen in Niederösterreich über die Runden helfen. Doch gerade jetzt, wo private Reserven oft aufgebraucht sind und staatliche Unterstützungen auslaufen, werden die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie noch sicht- und spürbarer.
Die Caritas ist auch jetzt, in diesen schwierigen Zeiten, für Menschen in Not in Niederösterreich da. Sie hilft Menschen, die nicht mehr weiterwissen. Sie hilft dort, wo sonst niemand hilft oder helfen kann.
Beim Helfen helfen
Auszüge aus der Botschaft des Papstes zum Welttag der Armen
„Die Armen habt ihr immer bei euch“ (Mk 14,7). So verteidigt Jesus eine Frau, die ihn mit kostbarem Öl gesalbt hat. Böse Zungen hatten gezischelt, dass man das doch hätte verkaufen und das Geld den Armen geben können. Jesus zeigt auf, dass diese Stimmen nicht aus echter Solidarität mit den Armen kommen, sondern Neid und Habgier maskieren. Was hatte sie denn bis dahin abgehalten, selbst freigiebig mit den Armen zu teilen? Anscheinend macht die großzügige Geste dieser Frau, die Jesus im Hinblick auf sein bevorstehendes Leiden stärken will, manchen seiner Zuhörer und Zuhörerinnen ein schlechtes Gewissen.
Papst Franziskus nimmt diese Bibelstelle als Motto für den Welttag der Armen 2021 und betont „die untrennbare Verbindung, die zwischen Jesus, den Armen und der Verkündigung des Evangeliums besteht. (…) Jesus steht nicht nur auf der Seite der Armen, sondern er teilt mit ihnen das gleiche Schicksal. (…) Die herrschende Pandemie hat weltweit die Armut noch verstärkt.“ Zudem entstehen „immer neue Fallstricke des Elends und der Ausgrenzung, die von skrupellosen Wirtschafts- und Finanzakteuren ohne humanitäres Bewusstsein und ohne soziale Verantwortung verursacht werden.“ Mitverantwortlich ist dabei ein „individualistischer Lebensstil“, dem Franziskus die solidarische Haltung des Teilens entgegenstellt. Sie gibt nicht nur Almosen, sondern teilt das Leben miteinander. Dabei sind alle Nehmende und Gebende zugleich, denn niemand ist so arm, nichts geben zu können, und niemand ist so reich, nichts nötig zu haben. „Die Armen habt ihr immer bei euch“, ist für Papst Franziskus die Aufforderung, täglich die Gelegenheiten zu nutzen, Gutes zu tun, Gleichgültigkeit und Ungerechtigkeit entgegenzutreten und sich ganz konkret bedürftigen Menschen zuzuwenden.
Geholfen wird in …
– 55 Familienberatungsstellen in ganz Österreich.
– 56 Sozialberatungsstellen österreichweit.
– 9 Mutter-Kind-Häusern mit Wohnplätzen für 129 und
202 Kinder
– 53 Wohnungsloseneinrichtungen mit 2.390 Schlafplätzen.
Elisabethsammlung
Rund um den Elisabethsonntag wird in den Pfarren die traditionelle Elisabethsammlung und die Teeaktion für die Caritas Inlandshilfe durchgeführt. In manchen Pfarren berichten Botschafter der Nächstenliebe, das sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas, über ihre vielfältigen Aufgaben.
Spendenappell der Caritas
– Mit 33 Euro ermöglichen Sie einer Mutter und ihren Kindern eine Nacht im Mutter-Kind-Haus.
– Mit 40 Euro finanzieren Sie einen Wocheneinkauf für eine Alleinerzieherin/einen Alleinerzieher.
– Mit 50 Euro unterstützen Sie Menschen, die jetzt vor einer Delogierung stehen oder denen eine Stromabschaltung droht, um in den nächsten Monaten über die Runden zu kommen.
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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