Porträt
Und reichst du uns den schweren Kelch!

- Fotografie von Dietrich Bonhoeffer (1906-1945).
- Foto: Harald Oppitz/KNA
- hochgeladen von Kirche bunt Redaktion
Dietrich Bonhoeffer wurde am 9. April 1945 hingerichtet. Er war ein Glaubender, ein Kämpfer, ein Christ. Sein Kampf gegen das Naziregime war ein Kampf gegen Menschenfeindlichkeit, Hass, Vernichtung und für einen liebenden Gott.
Die Geschichte des christlichen Widerstandes gegen das Dritte Reich ist wie die Geschichte „David gegen Goliath“: Dem mächtigen, riesenhaften Philisterkrieger steht ein Hirtenjunge mit einer Steinschleuder gegenüber – der Maschinerie des Todes, die Hitler aus dem Boden Deutschlands stampfte, stehen Frauen und Männer gegenüber, deren Waffen „Waffen des Lichts“ (Röm 13,12) waren: Ehrenhaftigkeit, Gebet und Mäßigung, wie der Apostel Paulus schreibt.
Wie kann man mit solchen Waffen gegen einen Riesen ankämpfen, dem – so schien es eine Zeit lang – niemand gewachsen war? Einer, der versuchte, gegen den Riesen zu kämpfen, mit wenig irdischen Kampfmitteln ausgestattet, einzig mit seinem Geist, Glauben und Verstand, war Dietrich Bonhoeffer (1906–1945).
Bereits 1933, wenige Tage nach der Machtergreifung durch die Nazis, machte Bonhoeffer seine Ablehnung gegen das Regime öffentlich: „Führer und Amt, die sich selbst vergotten, spotten Gottes“, waren die letzten Worte einer Radioansprache von ihm, bevor das Mikrofon abgedreht wurde.
Bonhoeffer ließ sich nicht durch die Schergen Hitlers einschüchtern. Als protestantischer Pfarrer der „Bekennenden Kirche“, die offen gegen das Regime Adolf Hitlers opponierte, wählte er nicht das Exil, sondern kehrte nach einem zweijährigen Aufenthalt in Großbritannien, wo er wertvolle Kontakte zu den Alliierten knüpfte, in seine Heimat Deutschland zurück, um den Kampf gegen Goliath aufzunehmen.
Dabei blieb sein Einsatz nicht auf die Unterdrückung von Christen und Regimegegnern beschränkt. Er prangerte öffentlich den Umgang mit Juden sowie geistig und körperlich Behinderten an – „Die Kirche ist den Opfern jeder Gesellschaftsordnung in unbedingter Weise verpflichtet, auch wenn sie nicht der christlichen Gemeinde zugehören“, schrieb Bonhoeffer in einem vor den Zensurmaßnahmen der Nazis veröffentlichten Aufsatz. Die Verteidigung und das Einfordern der Menschenrechte für alle Menschen, egal welcher Religion oder Nation sie angehörten, sei Aufgabe der Kirche in einem Staat, so der evangelische Theologe.
Als er 1941 ein Veröffentlichungs- und Redeverbot von den Nazis bekam, wurde Bonhoeffer von der „Abwehr“ angeworben, dem Nachrichtendienst der Wehrmacht und zugleich einem der wichtigsten Zentren des militärischen Widerstandes gegen Hitler. Er nutzte seine Kontakte zu den Alliierten, um Verschwörer gegen Hitler, unter anderem jene des Stauffenberg-Attentats, mit ausländischen Beamten und Intellektuellen zusammenzubringen.
Bonhoeffer: „Glaube ..., dass Gott auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet ...“
Obgleich er nicht an der Planung von Attentaten beteiligt war, hieß er sie gut und unterstützte sie, getragen von seiner Überzeugung, dass der „Tyrannenmord“, also der gezielte Mord an einem für das Volk unerträglichen Diktator, als letzte mögliche Maßnahme ethisch zu rechtfertigen sei. Dabei war sein Handeln immer begleitet von einem tiefen Glauben an die Hilfe Gottes. In einem persönlichen Glaubensbekenntnis schreibt Bonhoeffer: „Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen.“ Und: „Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Fatum ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet“.
Bonhoeffers Glaube, dass Gott durch den Menschen handelt, ihn zur glaubenden und tätigen Nachfolge beruft und niemals alleine lässt, spiegelt sich in seinem berühmten Gedicht „Von guten Mächten treu und still umgeben“ wider. Er verfasste es, nachdem ihn die Gestapo gefangen nahm und schließlich ins Kellergefängnis des Reichssicherheitshauptamts in Berlin verbrachte. Von dort schrieb er am 19. Dezember 1944 an seine junge Verlobte Maria von Wedemeyer und fügte dem Brief „ein paar Verse, die mir in den letzten Abenden einfielen“, als „Weihnachtsgruß für Dich und die Eltern und Geschwister“ an. Es ist der letzte geistliche Text, den er vor seiner Hinrichtung im April 1945 verfasst hatte. Das Gedicht bezog sich auf seine eigene Situation und die seiner Familie, denn u. a. waren auch sein Bruder Klaus und seine Schwäger Hans von Dohnanyi und Rüdiger Schleicher inhaftiert: „Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern, des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand, so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern aus deiner guten und geliebten Hand“. Auch wenn die Nachfolge Leid und Tod bedeuten kann, so lohnt es sich: „Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“
Dietrich Bonhoeffer wurde am 9. April 1945 nackt durch Erhängen hingerichtet, nachdem ihn ein Standgericht auf Anweisung Hitlers verurteilt hatte. Sein Tod wurde, wie es bei solchen Nazi-Hinrichtungen üblich war, dadurch verlängert, indem der Gehängte noch am Galgen wiederbelebt wurde. Einen Monat später kapitulierte die Wehrmacht. Goliath war besiegt. Matthias Wunder
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
Kommentare