Ich „glaube “ an das Christkind*

Das Jesukind als Weltenherrscher. Detail der „Madonna von Prottes“, um 1420.  | Foto: Franz Josef Rupprecht
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Auch wenn es verstaubt und altmodisch scheinen mag: Ich glaube unbeirrt an das Christkind und lasse mich auch von Santa Claus nicht davon abbringen. Von dem schon gar nicht. Er geht mir zunehmend auf die Nerven.

*Dies ist keine Weihnachtstheologie.

Die „stillste“ Zeit im Jahr ist in Wirklichkeit sehr laut geworden, kaum eine andere Jahreszeit kommt so lärmend daher wie der Advent. Nicht nur in den Einkaufsstraßen der Städte geht es hoch her, in den Dörfern und auf den Weihnachtsmärkten herrscht elektronisch erzeugter Weihnachtslärm. Anscheinend ist es – weil es an Geld und Kauflust mangelt – in den Geschäften etwas ruhiger geworden. Aber das polternde „Hohoho“ des Santa Claus kann man nicht so leicht überhören, übersehen kann man ihn leider auch nicht.

Wer ist er eigentlich, dieser Santa Claus? Ein offenkundig übergewichtiger, vollbärtiger, in Signalrot gekleideter Angehöriger der 60-Plus-Generation, der auf einem Schlitten hockt und sich von doof anschauenden Geweihträgern herumkutschieren lässt. Von Santa Claus weiß man auch, dass er durch Kamine zu kommen pflegt und dass er Weihnachtsgeschenke ausgerechnet in Socken hinterlässt. Auch das ist nicht besonders appetitlich. Außerdem hat in Socken viel weniger Platz als unter einem, selbst kleinen, Christbaum. Und was machen jene, die in ihrer Wohnung keinen offenen Kamin haben?

Wie anders dagegen das Christkind! Vom Christkind weiß man, dass es in der Weihnachtskrippe ein Zuhause hat, davon hat Santa Claus offensichtlich noch nie etwas gehört. Das Christkind ist leise, es ist allgegenwärtig, kann durch Türen und Fenster kommen und braucht keine Kamine. Das Christkind ist schön anzuschauen, es ist ein Kind, und sollte schon deshalb zu Herzen gehen. Es ist mir ein Rätsel, warum dieses Kind ausgerechnet einem unsportlichen, beleibten, alten Mann unterliegen sollte.

Christkind und Santa Claus verkörpern also zwei Welten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Vielleicht ist Letztgenannter sogar mit Väterchen Frost verwandt oder verschwägert, der auch vor einigen Jahren angetreten ist, um das Christkind abzulösen, manche haben gesagt: zu verjagen. Aber auch Väterchen Frost gibt es nicht mehr, der ist bereits Schnee von gestern.

Natürlich gibt es bei uns noch den Weihnachtsmann. Seine Aufgabe war und ist es, dem Christkind die schweren Arbeiten abzunehmen, so den Transport von Christbäumen und von großdimensionierten Geschenken. Das hat er auch still und unauffällig erledigt. Er hat sich, wie es einem Helfer des Christkindes gebührt, niemals besonders hervorgetan. Auch eher unauffällig, mit einer Zipfelmütze und gelegentlich mit Fellstiefeln. Ein Eigenleben an der Seite des Christkinds hat er jedenfalls nicht entwickelt, aber es ist nicht ganz auszuschließen, dass er in den letzten Jahren in einem Labor der Werbeindustrie gentechnisch verändert wurde. Und wiewohl die Gentechnik hierzulande streng reguliert ist, ist da offenkundig ein unkontrollierter Freisetzungsversuch in unserer Kulturlandschaft passiert, mit schlimmen Folgen.

Ich glaube bedingungslos an das Christkind, obwohl mir der kindliche Glaube schon früh genommen wurde. Die Weihnachtsglocke, mit der das Christkind die Bescherung ankündigen sollte, habe ich später in der Schublade am Dachboden entdeckt. Es war die einzige Glocke im Haus mit ihrem unverwechselbaren Klang, auf den ich zu Weihnachten immer gespannt warten musste, gemeinsam mit meinem Vater, im Kuhstall auf dem Silotrog sitzend. Übrigens, dass die Tiere in der Heiligen Nacht sprechen würden, das hat er mir auch erzählt, sonst war der Vater anscheinend für das Bereiten der weihnachtlichen Bescherung wenig zu gebrauchen. Und später habe ich mich auch daran erinnert, dass ich bei der Entstehung so mancher Geschenke sogar beteiligt war, zum Beispiel beim Abwickeln der Wolle, mit der dann die Mutter die kratzenden Pullover, Fäustlinge und Socken strickte.

Meine Mutter sagte mir, das habe ich mir gemerkt, dass das eigentliche Geschenk das Christkind ist: ein Geschenk an die Menschen, die dann aus lauter Freude darüber, dass das Christkind Geburtstag hat, einander Geschenke machen. Nichts davon kann Santa Claus bieten. Er kommt daher wie der kostümierte Zustelldienst einer Warenhauskette oder eines Online–Anbieters, der alle Rechnungsbelege und Garantiescheine mit sich führt. Mit Weihnachten hat das herzlich wenig zu tun!

Ich bleibe dabei: Ich glaube an das Christkind, an seine göttlichen Verheißungen, und daran, dass das Christkind nicht besiegt werden kann.

P. KARL SCHAUER

Autor:

martinus Redaktion aus Burgenland | martinus

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