24. Sonntag im Jahreskreis | 17. September 2023
Kommentar

Schulderlass ohne Überziehungslimit

Im Rom zur Zeit Cäsars galt Marcus Licinius Crassus als Inbegriff des Reichtums. Er war quasi der Jeff Bezos der antiken Welt. Sein Vermögen betrug 7000 Talente. Mit dieser Zahl werden die Größenverhältnisse deutlich, die Jesus in diesem überspitzten Gleichnis aufstellt. Selbst der reichste Mensch der Welt hätte die Schuld des Knechtes bei seinem König nicht begleichen können. Doch weil es sich um das Königreich des Himmels handelt, wird ihm die ganze Schuld erlassen.

Himmelreich ist dort, wo Schuld nicht aufgerechnet, abgewogen und vergolten wird, sondern ausradiert. Himmel ist dort, wo wir an Gott und seiner Barmherzigkeit Maß nehmen, wo das Konto des Verzeihens kein Überziehungslimit hat. Damit das Zusammenleben himmlisch wird, braucht es vollendete Versöhnung, dass wir einander vergeben, ohne mitzuzählen. Sicher wäre es auch paradiesisch, wenn gar niemand an anderen schuldig wird, doch auf Dauer ist dies ein zu idealistischer Anspruch, der tragisch scheitern muss. Realistischer Weise kann vollendete Gemeinschaft nur durch die Fähigkeit zum bedingungslosen Verzeihen gelingen.
Damit uns der Sprung über diesen großen Schatten gelingt, macht Gott selbst den ersten Schritt. Er schenkt uns die wunderbare Erfahrung der Befreiung aus der unerbittlichen Mühle von Schuld und Sühne. Weil er uns freispricht, können auch wir großzügig sein im Verzeihen. Wenn wir uns davor verschließen und hartherzig bleiben, liefern wir uns selbst den Peinigern aus, die in unserem eigenen Bewusstsein lauern.

Alfred Jokesch

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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