2. Sonntag im Jahreskreis | 15. Jänner 2023
Kommentar

Eintauchen in das Leben des Geistes

In jeder Feier der heiligen Messe wiederholt der Priester die Worte von Johannes dem Täufer: Seht das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt. Er tut es in dem Augenblick, in dem das geteilte Brot, der Leib Christi, der sich aus Liebe zu uns am Kreuz zerbrechen lässt, vor uns auf dem Altar liegt. Gleich ganz am Beginn spannt das Johannesevangelium somit einen dramaturgischen Bogen bis hin zu Tod und Auferstehung Jesu und führt in die Bedeutung seiner Existenz für die ganze Menschheit ein.

Der Evangelist spielt hier mit dem Umstand, dass sich die Begriffe „Lamm“, „Knecht“ und „Knabe“ aus dem gleichen hebräischen Wort ableiten. Er stellt uns somit Jesus gleichzeitig als neues Pascha-Lamm, als den von Jesaja verheißenen Gottesknecht und als Sohn Gottes vor Augen. Der jüngst verstorbene Papst Benedikt weist in seinem Buch „Jesus von Nazareth“ darauf hin, dass dieses Wort vom Lamm Gottes die Taufe Jesu mit dem Kreuz verbindet und sie als ein „Hinabsteigen in die Tiefe des Todes“ interpretiert. Wie sich in der Taufe über Jesus der Himmel öffnet und der Geist Gottes auf ihn herabkommt,
so geschieht es auch in der Auferstehung, die seiner Lebenshingabe am Kreuz folgt.

Genauso bedeutet für uns die Taufe das Eintauchen in ein neues Leben, das geprägt ist von dem Bewusstsein, ein geliebtes Kind Gottes zu sein. Untertauchen bedeutet immer ein Absterben und Loslassen, einen Kontrollverlust und eine Vertrauensübung. Wer sich darauf einlässt, kann als neuer Mensch auftauchen und unter einem offenen Himmel geistvoll leben.

Alfred Jokesch

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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