23. Sonntag im Jahreskreis | 4. September 2022
Kommentar

Kalkuliertes Risiko oder „all in“?

Beim Pokerspiel hat manch einer Haus und Hof verloren – sei es aus falscher Gewissheit, die besseren Karten zu haben, aus Lust am Zocken oder beim verzweifelten Versuch, vorausgegangene Verluste wettzumachen. Am Ende bleibt keine andere Wahl, als „all in“ zu gehen, also sein gesamtes Hab und Gut in die Waagschale zu werfen. So wurden schon ganze Existenzen zerstört. Noch dramatischer ist es, wenn nach solchen Mechanismen Wirtschaft betrieben wird und Spekulation eine seriöse Kalkulation ersetzt.

In diesem Spannungsfeld scheint sich auch die Frage der Nachfolge Jesu zu bewegen. Viele Menschen sind aus ganz unterschiedlichen Beweggründen mit ihm unterwegs. Ihnen gegenüber stellt Jesus zunächst klar: Wer sein Jünger oder seine Jüngerin sein will, müsse bereit sein, „all in“ zu gehen und alles andere in seinem Leben diesem Projekt unterzuordnen. Für Halbherzigkeit, Sicherheitsstufen oder Hintertürchen ist da kein Platz. Auf dem Weg Jesu gibt es keinen „Plan B“.

Andererseits gibt Jesus zwei Beispiele, die zeigen, dass eine sorgfältige Kalkulation wichtig ist. Ihm nachfolgen bedeutet nicht, sich Hals über Kopf ins Abenteuer zu stürzen, sondern braucht einen realistischen Blick auf seine Möglichkeiten, ein achtsames Hinschauen: Was habe ich zu bieten? Was bringe ich mit? Was kann ich für den Weg mit Jesus einsetzen? Und was bin ich bereit zurückzulassen? Was ist mir hinderlich?
Wer sich überschätzt, kann das Ziel nicht erreichen. Wer sich aber gut vorbereitet und seine Kräfte richtig einteilt, kann mit Jesus hohe Gipfel erklimmen.

Alfred Jokesch

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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