Kino-Tipp
Nostalgia
Vor 40 Jahren hatte Felice seinen Geburtsort als Jugendlicher überstürzt verlassen. Nun kehrt er als Mann Mitte 50 zurück. Die Stadt scheint unverändert und bringt eine nostalgische Saite zum Klingen. Doch es existieren offene Rechnungen, die beglichen werden sollten. Was nicht ungefährlich ist, weil es sich bei der Stadt um Neapel handelt. Dann besucht er seine alte, fast erblindete Mutter und nimmt sich fürsorglich ihrer an.
Seine Zeit nutzt Felice für lange Streifzüge durch den labyrinthischen Stadtteil Sanità. Der Heimkehrer lässt sich einfangen von der Atmosphäre der Stadt, den Geräuschen und Gerüchen, den Begegnungen und Beobachtungen, was der Film von Mario Martone nicht nur meisterlich gestaltet, sondern auch noch mit Super-8-Erinnerungsfetzen der Jugend Felices verschneidet. Es ist eine Jugend mit ausgedehnten Motorradausflügen und -rennen, Baden im Meer und Kleinkriminalität.
Als die Mutter stirbt, könnte Felice nach Kairo, wo er heute lebt, zurückkehren, aber etwas hält ihn zurück. Denn in seinen Jugenderinnerungen ist Felice meist in Begleitung seines besten Freundes Oreste. Der hat Sanità niemals verlassen, sondern wurde zum gefürchteten Boss der örtlichen Camorra. Bei der Trauerfeier für Felices Mutter kommt dann ein weiterer Akteur ins Spiel: der Priester Don Luigi. Er fungiert als Widerpart zu Orestes Machtgefüge, indem er sich für Jugendliche einsetzt und die Verflechtungen zwischen Camorra und den Behörden öffentlich macht. Zwischen dem Priester und dem Heimgekehrten entwickelt sich ein Vertrauensverhältnis. Damit aber gerät Felice mitten in die Auseinandersetzung zweier Lager.
Ulrich Kriest, Filmdienst
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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