Kino-Tipp
A Black Jesus
„Sie lieben diese schwarze Figur aus Holz, aber schwarze Menschen lieben sie nicht.“ Edward
wundert sich über die Bewohner des Städtchens Siculiana an der südweslichen Küste von Sizilien, die gerade das Fest des Heiligen Kreuzes begehen, den Höhepunkt des Jahres. Dabei wird das Heiligtum des Ortes, ein großes Holzkreuz, in einer feierlichen Prozession durch die festlich geschmückten Straßen getragen. Das Besondere an diesem Kreuz: Der Corpus Jesu Christi ist schwarz.
Diese Eigenschaft verbindet ihn mit Edward, einem Flüchtling aus Ghana, der mit dem Boot über das Meer gekommen ist. Nun lebt er zusammen mit mehreren hundert Schicksalsgenossen in der Villa Sikania, einem ehemaligen Hotel am Rande der Stadt, die als Auffanglager für Asylanten dient. Zur Bevölkerung gibt es kaum Kontakt, nur ein Lehrer, der den Asylanten die italienische Sprache beibringt, und eine Ordensfrau bemühen sich um sie. Dann hat Edward eine große Idee: Er möchte einer der Männer sein, die den schwarzen Jesus bei der Prozession tragen.
Der in Berlin lebende Filmschaffende Luca Lucchesi ist für seinen ersten Langfilm in die Heimatstadt seines Vaters zurückgekehrt, indem er den traditionsreichen Kult um dieses Kruzifix mit der aktuellen sozialen Situation in Beziehung setzt. Die Geschichte des Heiligtums bezeugt, dass Migration seit Jahrhunderten die Identität Siziliens prägt. Dennoch werden die afrikanischen Asylanten nicht als Chance begriffen, die Abwanderung der heimischen Bevölkerung aus der strukturschwachen Region an der Peripherie auszugleichen. Dieses Dilemma thematisiert der von Wim Wenders produzierte Film einfühlsam und stimmungsvoll.
Alfred Jokesch
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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