Via Appia Antica und Domine Quo Vadis
Wohin soll ich gehen? Mit Notker Wolf in Rom

Die Via Appia Antica mit ihren Jahrtausende alten Basaltsteinen. | Foto: Paolo Savegnago / stock.adobe.com
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  • Die Via Appia Antica mit ihren Jahrtausende alten Basaltsteinen.
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Abt Notker Wolf lebte viele Jahre lang in Rom. Von ihm stammen die Insider-Tipps über spirituelle Kraftorte abseits der üblichen Touristenpfade, die wir in unserer Serie „Mit Notker Wolf in Rom“ vorstellen.

Manch ein Pilger wird nach seiner Ankunft in Rom Probleme mit den Schattenseiten der Ewigen Stadt haben: mit Schmutz und Lärm, Verkehr und Menschenmassen. Wem es so ergeht, der muss nicht wie der heilige Benedikt in eine einsame Höhle in den Sabiner Bergen fliehen (...). Er kann vielmehr am Rand der Stadt Rom idyllische Landschaften entdecken, die Atempausen und Besinnung schenken. Verlassen wir heute also die römische Innenstadt und wandern durch die „Porta San Sebastiano“ Richtung Süden: Hier beginnt die berühmte „Via Appia Antica“. Sie ist eine der Ausfallstraßen, die Rom schon in der Antike sternförmig mit der Welt verbanden. Der größte Teil der Appia ist heute für den Autoverkehr gesperrt, und man kann über weite Strecken in Ruhe die mächtigen dunklen Basaltsteine bewundern, die seit Jahrtausenden die Straße pflastern. (...)

Ein mächtiger Staat setzte sich hier in Szene.

Einst gehörte die Appia Antica zum Stolz des römischen Imperiums: Sie trug den Beinamen „Regina Viarum“ – „Königin aller Straßen“ – und führte nach Süditalien, zum Hafen von Brindisi, dem damaligen Tor zum Orient. Von dort aus gelangten wertvolle Handelswaren aus dem östlichen Mittelmeerraum nach Rom: Seide, Metallarbeiten und Gewürze. Römische Feldherren kehrten nach gewonnener Schlacht in pompösen Triumphzügen auf der Appia zurück in die Heimat. (...) Ein mächtiger Staat setzte sich in Szene.
Die Angst vor dieser Staatsmacht veranlasste einst den Apostel Petrus, auf der Via Appia Antica aus Rom zu fliehen. So jedenfalls will es eine alte Legende. Auf ihren Spuren lassen auch wir – wie einst Petrus – die Porta San Sebastiano hinter uns und wandern die Via Appia entlang. Nach einigen Hundert Metern sehen wir am linken Straßenrand ein helles Kirchlein. Über dem Eingang steht in Latein die Frage: „Domine, quo vadis?“ – „Herr, wohin gehst du?“

Kaum haben wir die kleine Kirche betreten, „begegnen“ wir Petrus: Auf einem lebensgroßen Fresko an der linken Seitenwand schreitet er über die Basaltsteine der antiken Straße und scheint direkt auf uns zuzukommen. Ihm gegenüber sieht man ein ebenso großes Bildnis Jesu. Ein Faltblatt, das in der Kirche an einem Schriftenstand aufliegt, erklärt die Szene genauer:

Im Anschluss an den verheerenden Brand, der Rom im Jahr 64 verwüstete, flüchtete Petrus aus der Stadt. Denn Kaiser Nero bezichtigte die Christen der Brandstiftung. Der zeitgenössische Historiker Tacitus überliefert, dass Tausende von ihnen auf Befehl des Kaisers brutal hingerichtet wurden. Doch kaum hatte Petrus das Stadttor hinter sich gelassen, kam ihm auf der Via Appia Jesus entgegen. Verblüfft stellte Petrus ihm die Frage, die zum Namen des Kirchleins wurde: „Domine, quo vadis?“ – „Herr, wohin gehst du?“ Jesus habe geantwortet, so lesen wir, dass er nach Rom gehe, um dort mit den verfolgten Christen zu sterben. Daraufhin erkannte Petrus offenbar, dass er die römische Gemeinde nicht im Stich lassen durfte, kehrte um und starb an deren Seite. (...)
Am Boden des kleinen Kirchleins sehen wir nur wenige Schritte hinter der Eingangstür eine weiße Tafel mit lebensgroßen Fußabdrücken. Wir beobachten, wie Pilger neben ihr Blumen und Kerzen abstellen. Es sollen die Fußspuren sein, die Jesus an diesem Ort hinterließ, genauer gesagt, eine Kopie dieser Fußspuren. (...)

Petrus, so könnte man sagen, war kein Supermann, sondern ein Mensch wie du und ich, ein Christ, der vor einem mächtigen Diktator floh, weil er nur eines wollte: leben! Was ihn aber von vielen anderen unterschied, war die Bereitschaft, in sich zu gehen, nach dem Auftrag Jesu zu fragen und letztlich umzukehren. Das kleine Kirchlein an der Via Appia steht für eine Frage, die wohl jedes Leben irgendwann aufwirft: „Herr, wohin gehst du?“, oder anders gesagt: „Wohin soll ich gehen?“

Aus: „Kraftort Rom“ von Notker Wolf und Corinna Mühlstedt, Bonifatius Verlag 2024, Preis € 21,50.

Die Via Appia Antica mit ihren Jahrtausende alten Basaltsteinen. | Foto: Paolo Savegnago / stock.adobe.com
Die legendären „Fußspuren Jesu“ in der Kirche Domine Quo Vadis.  | Foto: Corinna Mühlstedt
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Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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