Weltgebetswoche für die Einheit der Christen
Gelebte Ökumene ist Pflicht für Christen

Ökumene auf diözesaner Ebene – Gebetsabend in der Landhauskapelle in St. Pölten | Foto: Wolfgang Zarl
2Bilder
  • Ökumene auf diözesaner Ebene – Gebetsabend in der Landhauskapelle in St. Pölten
  • Foto: Wolfgang Zarl
  • hochgeladen von Kirche bunt Redaktion

Vom 18. bis 25. Jänner feiern Christen in aller Welt die „Weltgebetswoche für die Einheit der Christinnen und Christen“. Der am Tag davor begangene „Tag des Judentums“ erinnert an die jüdischen Wurzeln des Christentums, aber auch an die Verfolgungen und an das Leid, das Juden von Christen in christlichen Ländern im Laufe vieler Jahr hunderte zugefügt wurde.

In den letzten Jahren wird im ökumenischen Dialog immer wieder geäußert, dass das Feuer draußen sei. Der Präsident des Päpstlichen Ökumene-Rates Kardinal Kurt Koch bedauerte bei einem Vortrag im Oktober, dass heutzutage viele Christen nicht mehr unter den Spaltungen der Kirche leiden. Mit dem fehlenden Schmerz über diese Zerrissenheit fehle der ökumenischen Bewegung eine wichtige Triebkraft. Er selber aber betonte: „Ökumene ist keine Kür, sondern Pflicht.“

Der Generalsekretär des Ökumenischen Arbeitskreis NÖ-West, Axel Isenbart, hat sich bei den darin vertreteten Kirchen umgehört, was für sie Ökumene bedeutet und kommt zu einem anderen Schluss. Ja, die großen Fortschritte gehören der Vergangenheit an und die Vision von Papst Johannes Paul II., „dass die Kirche im dritten christlichen Jahrtausend eine Einheit wiederfindet, die jener im ersten Jahrtausend entspricht“, ist auch nicht greifbar. Aber die Ökumene wird landauf, landab gelebt. Sie ist im guten Sinne selbstverständlich und alltäglich geworden.

Richard Gödl, der altkatholische Pfarrer von St. Pölten-Krems und Vorsitzende des Ökumenischen Arbeitskreises, erlebt Ökumene als die Vielfalt der christlichen Kirchen in ihrer gewachsenen Tradition und Spirituali-
tät. Sie sei ein kostbares Geschenk füreinander und darüber hinaus eine gemeinsame Sendung für alle Menschen. Und er fragt sich, ob sich die christlichen Kirchen stark genug den drängenden Fragen in der Gesellschaft stellen. Dabei denkt er an die Schöpfungsverantwortung, den Schutz des Lebens, die Not der Geflüchteten – besonders bei den Menschen in den Flüchtlingslagern, die Chancengleichheit in der Bildung, sowie an die Frage der Gleichberechtigung der Geschlechter.

Vision von Einheit in „versöhnter Verschiedenheit“

Ordinariatskanzler Gottfried Auer ist seit zwei Jahrzehnten Vertreter der Diözese St. Pölten im Ökumenischen Rat der Kirchen Österreichs. Er erinnert sich dankbar an viele gute Begegnungen mit Weihbischof Krätzl, Oberin Gleixner, Metropolit Staikos und Superintendent Weiland, die ihm als Neuling in verschiedenen ökumenischen Gremien sehr geholfen haben. Gerne denkt er an viele interessante Begegnungen bei der 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung in Sibiu. Seine Vision für die Ökumene ist die Einheit am Tisch des Herrn in „versöhnter Verschiedenheit“ und „in Unterschiedlichkeit vereint“.

Gott ist so groß, dass keine Kirche ihn aus sich heraus ganz begreifen kann, meint der evangelische Superintendent Lars Müller-Marienburg. Vermutlich können es auch nicht alle Kirchen gemeinsam. Aber immerhin hilft es dabei, Gott mehr zu verstehen, wenn man neben dem eigenen auch andere Wege mit ihren Traditionen, Liedern, Bildern, Gebeten und Denkweisen kennenlernt und so die eigene Beziehung zu Gott bereichert und vertieft.

Die evangelische Religionslehrerin Susanne Kreuz beschreibt sich als Teil einer Minderheit (rund 3 Prozent) mit vielen Freundinnen und Freunden, die einer anderen christlichen Kirche angehören. Sie teilen den Glauben und teilen Erfahrungen des Lebens. Sie beten, arbeiten und feiern miteinander. Ökumene ist für sie ein selbstverständlicher Teil ihres Lebens, bereichernd und unverzichtbar.

Mit dem aktuellen Hit „Jerusalema“ tanzen derzeit Millionen auf der gan­zen Welt einen Gebetsruf in der Sprache der Zulu: „Ngilondoloze, Zuhambe nami“ – „Schütze mich, begleite mich“ auf dem Weg nach Jerusalem. Wolfgang Grabensteiner, Pastor der Evangelisch-methodistischen Kirche, ist begeistert, wie Menschen unterschiedlichster Kulturen, Nationen und Glaubensbekenntnisse im selben Takt tanzen. „Wir sollten in der Ökumene wohl weniger reden und öfter tanzen.“

Pfarrer Catalin Soare von der Rumänisch-Orthodoxen Kirche ist erfreut über den schulischen Austausch mit Religionslehrern anderer Konfessionen. Öfters finden sich Religionsstunden zu Randzeiten oder werden parallel angeboten, so dass ein Austausch gut möglich sei. Er freut sich auch, wenn er von katholischen oder evangelischen Kolleginnen und Kollegen ins Krankenhaus oder Gefängnis zu Menschen in Not gerufen wird. Regelmäßig führt er Gespräche mit dem römisch-katholischen „Nachbarn“ Dechant Ernst Bergmann. „Diese Treffen tun einfach gut. All das nenne ich Ökumene des Herzens.“

Die europaweit einzigartige ökumenische Zusammenarbeit an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems erlebt Thomas Naske als eine spannende und herausfordernde Sache. Einerseits die Zusammenarbeit mit den christlichen Gründungsmitgliedern als auch mit weiteren Kooperationspartnern, wie den Freikirchen, der Islamischen Glaubensgemeinschaft, der Alevitischen Glaubensgemeinschaft, der Israelitischen Religionsgesellschaft und der Buddhistischen Religionsgesellschaft. Im Bereich der Hochschulpastoral erstellen die christlichen Kirchen Angebote für die Studierenden und sind gemeinsam bemüht, die jungen Erwachsenen zu begleiten.

Normalerweise kommen während der Gebetswoche weltweit Gläubige aus unterschiedlichen Konfessionen zusammen, um gemeinsam für die Einheit der Christen zu beten. Die ökumenischen Gottesdienste müssen in diesem Jahr leider größtenteils entfallen. Das bedauert Angelika Beroun-Linhart, die Vorsitzende des Katholischen AkademikerInnenverbandes, sehr; sie ist die Begründerin des Ökumenischen Gottesdienstes im NÖ Landhaus: „Die immer sehr liebevolle liturgische Gestaltung dieses Gottesdienstes bringt jedes Mal viele Christinnen und Christen zu einer besonderen Feiergemeinschaft zusammen, deren Wirkung auch nachher noch bei der Agape mit anregenden Gesprächen in wunderbarer konfessioneller Durchmischung spürbar ist.“
Das gemeinsame Gebet ist heuer nicht möglich, aber aneinander denken und sich gegenseitig segnen ist auch eine gute ökumenische Handlung. Axel Isenbart

Ökumene auf diözesaner Ebene – Gebetsabend in der Landhauskapelle in St. Pölten | Foto: Wolfgang Zarl
Foto: @KBB
Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ