Liturgie & Katechismus
Allerheiligen und Allerseelen
Allerheiligen und Allerseelen gehören für die Gläubigen seit jeher zusammen. Es ist auch kein Zufall, dass der liturgische Kalender die beiden Tage direkt hintereinander platziert hat, stehen sie doch in einem engen inhaltlichen Zusammenhang: Sowohl die freudige Anrufung der Heiligen als auch das
Gebet und Gedenken für die Verstorbenen sind Ausdruck des christlichen Auferstehungsglaubens.
Die erste Lesung zum Hochfest Allerheiligen entstammt einer prophetischen Vision aus der Offenbarung des Johannes. Die Vision beschreibt, wie die Engel den Knechten Gottes das „Siegel des lebendigen Gottes“ auf die Stirn drücken. „Und ich erfuhr die Zahl derer, die mit dem Siegel gekennzeichnet waren“, lesen wir in der Offenbarung. „Es waren hundertvierundvierzigtausend aus allen Stämmen der Söhne Israels, die das Siegel trugen [...]. Danach sah ich: eine große Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen; niemand konnte sie zählen. Sie standen in weißen Gewändern vor dem Thron und vor dem Lamm und trugen Palmzweige in den Händen. Sie riefen mit lauter Stimme: Die Rettung kommt von unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und von dem Lamm. […] Es sind die, die aus der großen Bedrängnis kommen; sie haben ihre Gewänder gewaschen und im Blut des Lammes weiß gemacht.“ (Offb 7, 2–14).
Die Gewänder, die durch das Blut des Lammes weiß werden, verweisen auf das Heil, das Christus durch seinen Tod in die Welt gebracht hat. Er ist das Lamm, in dessen Blut, das er am Kreuz vergossen hat, die Sünden der Menschen abgewaschen werden. Die weiße Farbe ist seit Urzeiten ein Symbol für die Reinheit und Schuldlosigkeit. Jesus Christus kam auf die Welt, um sie vom zeitlichen Tod zu erlösen, der durch die Ursünde Adams auf die Menschheit gekommen ist. Die Erlösung vom ewigen Tod ist eng verbunden mit der Befreiung von Schuld und Sünde, die durch das Kreuzesopfer Christi ermöglicht wurde. Christus hat dadurch sein Versprechen eingelöst, die Menschen zu erlösen und die Erlösten zu heiligen.
Die Heiligen als sichtbare Frucht des Erlösungswerkes
Dass das Opfer Christi nicht ohne Erfolg geblieben ist, zeigen uns jene, die bereits die Vollendung erreicht haben: die Heiligen. Zu jeder Zeit, seit Christus auf die Welt gekommen ist, haben Menschen den Ruf Gottes uneingeschränkt angenommen und wurden so zu vollendeten Gliedern des Leibes Christi.
Die kirchliche Heiligsprechung solcher Menschen bestärkt die Gewissheit, dass jemand diese Vollendung in Gott bereits erreicht hat und daher um Fürsprache bei Gott angerufen werden kann. Doch nicht nur den formell Heiliggesprochenen kommt diese Eigenschaft zu. „Niemand konnte sie zählen“, sagt Johannes von den mit dem Siegel Gottes Bezeichneten. Unzählige Märtyrer, Bekenner und andere, deren Namen wir nicht einmal mehr kennen, folgten Christus im Lauf der Geschichte nach. Vor allem ihnen, diesen namenlosen Heiligen, gilt das Hochfest Allerheiligen, das seit dem 9. Jahrhundert am 1. November gefeiert wird.
Dass das Opfer Christi nicht ohne Erfolg geblieben ist, zeigen uns jene, die bereits die Vollendung erreicht
haben: die Heiligen.
Es ist allerdings auch christliche Überzeugung, dass die Heiligung nur den Wenigsten sofort zuteil wird. Die große Mehrheit der Verstorbenen, im Volksmund „Arme Seelen“ genannt, muss nach dem Tod erst auf die Vollendung vorbereitet werden. Zu deren Gedenken und zum Gebet für sie hat sich in der Kirche das Gedächtnis Allerseelen herausgebildet.
Allerheiligen und Allerseelen in engem Zusammenhang
An den beiden Tagen Allerheiligen und Allerseelen werden die „drei Stände der Kirche“, wie sie der Katechismus bezeichnet (KKK 954), sichtbar: Die „streitende Kirche“ (die gegenwärtig lebenden Christen) freut sich am 1. November der „triumphierenden Kirche“ (die Heiligen bei Gott) und gedenkt am 2. November der „leidenden Kirche“ (die auf Vollendung wartenden Seelen). Aus diesen dreien setzt sich die Gemeinschaft der Kirche in ihrer Gesamtheit zusammen.
Allerheiligen und Allerseelen symbolisieren in ihrer Polarität außerdem die Bedingtheit der christlichen Heilsverheißung. Die Erlösung durch Christus steht stets im Spannungsverhältnis von „jetzt schon“ und „noch nicht“: Durch das Kreuzesopfer ist das Reich Gottes auf Erden zwar angebrochen, jedoch erst zum Teil Realität geworden – etwa in den Heiligen. Es harrt allerdings nach wie vor der vollen Verwirklichung durch die erwartete Wiederkunft Christi.
Autor:Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt |
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