EIN_BLICK
Wenn Frauen die Altersarmut droht
In Österreich sind alleinlebende Pensionistinnen stärker durch Armut gefährdet als Männer. Warum das so ist, zeigt Katharina Obenholzner von der Armutskonferenz auf.
Michaela R. (Name von der Redaktion geändert) ist in finanziellen Nöten. Die Pensionistin ist alleinstehend. In den vergangenen drei Jahren hat sich ihre Miete um 240 Euro auf derzeit 865 Euro pro Monat erhöht. Ihre Pension beträgt 1338 Euro, davon muss die Seniorin nicht nur die Miete, sondern auch die Strom-, Heizund Lebensmittelkosten bezahlen. Ausgaben für die Gesundheit gehen sich da nicht mehr aus und für die Freizeit bleibt ihr auch nichts mehr übrig. Jeder Cent wird umgedreht. Zu wenig Pension und hohe Lebenshaltungskosten – vor allem was das Wohnen betrifft – stellen eine große Herausforderung dar. Michaela R. ist damit nicht alleine. Vielen Pensionistinnen in Österreich geht es ähnlich.
HINTERGRÜNDE
Die Ursachen dafür, dass Frauen von Altersarmut stärker betroffen sind als Männer und sie viel weniger Pension bekommen, liegen in ihren Beschäftigungsund Versicherungszeiten, die sie über die Jahre erworben haben. Entstanden sind dabei Lücken in der Erwerbstätigkeit durch Kinderbetreuungszeiten, Teilzeitarbeit oder die Pflege bedürftiger Angehöriger. Dazu kommt, dass „Frauen nach wie vor weniger verdienen als Männer – nicht nur in den niedrig bezahlten frauentypischen Branchen wie im Einzelhandel, sondern auch in gleichen Berufen. Und wenn sie dann Kinder bekommen, sind die Mütter in Karenz – selten die Väter, da sie in der Regel das höhere Einkommen haben, auf das die Familien oft nicht verzichten können. So sind Frauen eine Weile aus dem Vollzeiterwerbsleben draußen. Danach gehen sie meistens in die Teilzeitarbeit, weil es mit den Kinderbetreuungspflichten schwieriger ist, Vollzeit zu arbeiten. All das wirkt sich im Nachgang negativ auf die Pensionshöhe von Frauen aus“, sagt Katharina Obenholzner von der Armutskonferenz, einem österreichweiten Netzwerk von über 40 sozialen Organisationen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen wie der Caritas, der Katholischen Jungschar, der Diakonie und dem Katholischen Familienverband.
ZAHLEN
In Österreich liegt laut Statistik Austria die aktuelle Armutsgefährdungsschwelle bei 1392 Euro Nettoäquivalenzeinkommen monatlich für einen Einpersonenhaushalt. Laut aktueller EU-SILC-Erhebung (Europäische Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen, 2022), die jährlich von der Statistik Austria ermittelt wird, sind in Österreich 26 % der alleinlebenden Pensionistinnen durch Armut gefährdet, bei den alleinlebenden Pensionisten sind es 17 %. Die durchschnittliche Alterspension bei Frauen liegt in Österreich aktuell bei 1313 Euro (Männer: 2229 Euro) und damit 79 Euro unter der Armutsgefährdungsschwelle. Die monatlichen Alterspensionen von Frauen sind somit 41,1 % niedriger als jene der Männer – man spricht dabei von der geschlechtsspezifischen Pensionslücke. (Quelle: Statistik Austria, EU-SILC 2022)
Katharina Obenholzner weist darauf hin, dass man bei der Armutsgefährdungsschwelle von 1392 Euro immer auch im Auge haben müsse, dass dieser Betrag in Bundesländern, wo das Wohnen sehr teuer ist wie in Tirol, Salzburg oder Vorarlberg, noch einmal einen ganz anderen Wert habe als z. B. in der Steiermark. Michaela R. lebt in Salzburg. Ihr bleiben nach Abzug der Miete noch 473 Euro. Die Pensionistin muss rechnen und abwägen, wo sie einsparen kann: Bei Lebensmitteln, bei Abos, die gekündigt werden, beim Stromanbieter, der gewechselt wird. Für Freizeit – Essengehen, ein Kaffeehaus-, Kino-, oder Theaterbesuch, ein Ausflug oder ein Urlaub – fehlt das Geld.
Wenn Pensionistinnen alleinstehend sind – ob durch eine Trennung oder dadurch, dass der Partner arbeitslos, krank oder gestorben ist –, ist ihre finanzielle Situation natürlich problematischer, als wenn sie in einer Partnerschaft leben, so die Expertin der Armutskonferenz. „Mit zwei Pensionen kommt man besser über die Runden.“ Möglich sei in einer Partnerschaft auch, das freiwillige Pensionssplitting zu nutzen, das 2005 eingeführt wurde, so Obenholzner. Dabei kann der erwerbstätige Elternteil die durch Kindererziehung entstehenden finanziellen Einbußen des erziehenden Elternteils teilweise ausgleichen. In Anspruch genommen werde das in der Realität laut Obenholzner allerdings kaum.
ERHÖHUNG DES PENSIONSANTRITTSALTERS
Seit Jänner 2024 wird das Regelpensionsalter für Frauen an das der Männer (65) in halbjährlichen Schritten angeglichen. Frauen, die bis zum 31. Dezember 1963 geboren sind, konnten noch mit 60 Jahren in Pension gehen, alle ab 1. Juli 1964 geborenen müssen bereits länger arbeiten. Ab dem Jahr 2033 gehen Frauen dann mit 65 in Pension. Die Pensionslücke zwischen Männern und Frauen soll dadurch verringert werden. Katharina Obenholzner ist jedoch skeptisch, dass der finanzielle Fehlbetrag durch die Jahre der Anhebung an das Alter der Männer abgefedert werden kann. Zudem kritisiert sie, dass für die Pensionsberechnung seit der Pensionsreform 2003/2004 nicht mehr die 15 besten Jahre herangezogen werden, um davon das Durchschnittseinkommen zu errechnen, sondern die gesamte Erwerbstätigkeit. „Das war vor allem für Frauen eine negative Änderung, denn bei vielen von ihnen ergaben sich in ihrer gesamten Erwerbstätigkeit natürlich so manche Jahre, wo geringfügig oder nur sehr wenig gearbeitet worden ist. Da geht die Pension dann automatisch stark nach unten.“
FORDERUNGEN
Um der Altersarmut von Frauen entgegenzuwirken, gibt es viele Forderungen seitens der Armutskonferenz an die Politik. An oberster Stelle steht bei Katharina Obenholzner „gleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit für Frauen und Männer. Zudem braucht es generell ein existenzsicherndes Einkommen, das ein gutes Leben ermöglicht. Ich denke da an 2000 Euro Mindestnettoeinkommen auch für die Pension, um am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Viele Seniorinnen ziehen sich aus Scham wegen finanziellen Nöten auch zurück und es besteht die Gefahr der Vereinsamung.“ Die Expertin der Armutskonferenz rät Frauen, sich bereits in jungen Jahren gut zu informieren, um Bescheid zu wissen, dass Pensionslücken, viel Teilzeitarbeit und schlechte Bezahlung sich negativ auf die Pension auswirken können. Wichtig sei auch, so Obenholzner, „sich als Frau bei Gehaltsverhandlungen mehr zu trauen, wenn man die Möglichkeit eines Verhandlungsspielraums hat. Man darf sich der eigenen Qualifikationen durchaus bewusst sein und sie entschlossen vortragen.“
SUSANNE HUBER
Infos unter:
www.frauenberatung.gv.at/informationen/arm-in-der-pension-
www.bundeskanzleramt.gv.at/agenda/frauen-und-gleichstellung/gleichstellung-am-arbeitsmarkt/
frauen-und-pensionen www.armutskonferenz.at
Autor:martinus Redaktion aus Burgenland | martinus |
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