Stadtschlaining
Sommerfest der Priester, Diakone und Ordensleute
Seelsorgerinnen und Seelsorger sollen Räume schaffen, damit jeder, der sich dem Glauben nähert, eine gastfreundliche Gemeinschaft vorfindet. In ihr sei Raum für das Zuhören, geschehe das Eintreten in einen guten Dialog und werde Qualität der Beziehungen gefördert. Dies sagte Bischof Ägidius beim Sommerfest für burgenländische Priester, Diakone, Ordensleute und Seminaristen in Stadtschlaining.
Der volle Wortlaut der Predigt findet sich hier:
Papst Franziskus hat bei seiner Begegnung mit Bischöfen, Priestern, Diakonen, Ordensleuten und kirchlichen Mitarbeitern anlässlich seiner „Buß-Reise nach Kanada“ am 28. Juli in der Kathedrale von Quebec von 3 Herausforderungen gesprochen, die wir im Gebet und im pastoralen Dienst voranbringen sollen. Ich möchte diese seine Gedanken aufgreifen und sie auch uns für unser geistliches Leben und pastorales Wirken am Beginn des neuen Arbeitsjahres als Impuls und Wegweisung mitgeben.
Unsere erste Herausforderung ist: Jesus bekannt machen. In unserer von Säkularismus und Gleichgültigkeit geprägten Zeit ist es notwendig zur ersten Verkündigung zurückzukehren. Was meint der Papst mit „Erstverkündigung“? „Erstverkündigung“ meint nicht se-kundäre Aspekte den Menschen präsentieren, bestimmte Praktiken nur wiederholen oder pastorale Formen der Vergangenheit nachahmen. Damit beschäftigen wir uns schon viel zu lange! „Erstverkündigung“ heißt: Es müssen neue Wege gefunden werden, um denen, die Christus noch nicht begegnet sind, das Zentrum des Evangeliums zu verkünden. Dies erfordert eine pastorale Kreativität, um auf die Menschen dort zuzugehen, wo sie leben und nicht darauf warten, dass sie kommen. Wir sollen eine „Geh-Hin-Kirche“ sein und nicht eine “Komm-Her-Kirche“. Wir sollen Gelegenheiten zum Dialog und zur Begegnung schaffen. Wir müssen zum Wesentlichen und zum Enthusiasmus der Apostelgeschichte zurückkehren. Jesus ruft seine Jünger auf, nach Galiläa zu gehen, um nach dem Scheitern neu zu be-ginnen. Er tut es auch heute! Jeder und jede von uns hat sein eigenes Galiläa, das Galiläa der ersten Verkündigung. Erinnern wir uns daran.
Unsere zweite Herausforderung ist: das Zeugnis. Das Evangelium wird wirksam verkündet, wenn es das Leben ist, das spricht, wenn es die Freiheit offenbart, die andere befreit, das Mitge-fühl zeigt, das keine Gegenleistung verlangt, die Barmherzigkeit, die ohne Worte von Christus spricht. Anders gesagt, das Evangelium soll den heutigen Menschen in Freiheit, lebensnah und in einer verständ-lichen Sprache verkündet werden. Die Freude am Dienst und die Freude am Glauben ist unser glaubwürdigstes Zeugnis. Wir sind keine bezahlten Geistlichen oder Sakralbeamten, sondern Hirten! Täuschen wir uns nicht, die Menschen spüren sehr wohl mit wem sie es zu tun haben! Bevormundung, Ausgrenzung, Missbrauch, Unterdrückung von Menschen anderer Kultur, Sprache, Religion, Weltanschauung steht dem christlichen Zeugnis entgegen. Die evangelischen Räte mit den 3 Losigkeiten – Ehelosigkeit, Machtlosigkeit, Besitzlosigkeit – glaubwürdig zu leben, ist nicht leicht, aber es ist das beste Zeugnis!
Unsere dritte Herausforderung ist: die Geschwisterlichkeit. Die Kirche wird umso mehr eine glaubwürdige Zeugin des Evangeli-ums sein, je mehr ihre Mitglieder, vor allem ihre Seelsorger und Seelsorgerinnen, die Gemeinschaft leben. Sie sollen Räume schaffen, damit jeder, der sich dem Glauben nähert, eine gastfreundliche Ge-meinschaft vorfindet, die zuzuhören und in einen guten Dialog ein-zutreten weiß, und die eine gute Qualität der Beziehungen fördert.
Christliche Gemeinschaft, Kirche ist eine Schule der Menschlichkeit, in der man lernt, einander als Brüder und Schwestern zu lieben, die bereit sind, für das Gemeinwohl zusammenzuarbeiten. Im Mittelpunkt der Verkündigung des Evangeliums steht die Liebe Gottes, die uns verwandelt und uns zur Gemeinschaft mit allen und zum Dienst an allen befähigt. Die Kirche ist daher aufgerufen, diese grenzenlose Liebe zu verkörpern und den Traum zu verwirklichen, den Gott für die Menschheit hat: alle Geschwister zu sein.
Wir sollen uns fragen: Wie steht es um die Geschwisterlichkeit unter uns? Die Bischöfe untereinander und mit den Priestern, die Priester, Diakone, Ordensleute untereinander und mit dem Volk Gottes: Sind wir Geschwister oder Konkurrenten, die in Parteien gespalten sind? Und wie sind unsere Beziehungen zu denen, die nicht „zu uns“ ge-hören, zu denen, die nicht glauben, zu denen, die andere Traditionen, Sprachen, Anschauungen, Meinungen und Bräuche haben? Das ist der Weg: geschwisterliche Beziehungen mit allen zu fördern, mit jeder Schwester und jedem Bruder, dem wir begegnen, denn im Antlitz eines jeden spiegelt sich die Gegenwart Gottes.
Anlässlich dieses unseres Sommerfestes danke ich Euch als Mitbruder und Hirte für Euren Einsatz und Dienst in unserer Diözese in diesen herausfordernden Zeiten und ermutige Euch zugleich den Menschen von heute Jesus bekanntzumachen, für ihn Zeugnis zu geben und die Geschwisterlichkeit untereinander und mit allen zu leben.
Papst Franziskus bittet uns alle: Lassen wir nicht zu, dass der Geist des Säkularismus in uns eindringt und wir denken, dass wir Projekte schaffen können, die allein und nur mit menschlicher Kraft, ohne Gott, funktionieren. Das ist Idolatrie, der Gottesdienst der gottlosen Projekte. Und bitte, verschließen wir uns nicht in eine „Rückwärtsge-wandtheit“, sondern gehen wir mit Freude voran! Amen.
Eine Fotogalerie von Franz Josef Rupprecht finden Sie weiter unten
Autor:Redaktion martinus aus Burgenland | martinus |
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