Krise um die Ukraine
Putin macht auch Kirchenkonflikt geltend

Wladimir Putin bei einem seiner zahlreichen Österreich-Besuche (2004, Staatsbegräbnis für den verstorbenen Bundespräsidenten Thomas Klestil).  | Foto: Kathbild.at / Franz Josef Rupprecht
  • Wladimir Putin bei einem seiner zahlreichen Österreich-Besuche (2004, Staatsbegräbnis für den verstorbenen Bundespräsidenten Thomas Klestil).
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Russischer Staatschef führt als Argument für Anerkennung der "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk auch eine angebliche Verfolgung orthodoxer Christen des Moskauer Patriarchats in der Ukraine an.

Russlands Präsident Wladimir Putin führt als Argument für das aktuelle russische Vorgehen im Konflikt um die Ukraine auch eine angebliche Verfolgung von orthodoxen Christen des Moskauer Patriarchats in der Ukraine an. "In Kiew bereiten sie weiter Gewaltakte gegen die Ukrainisch-orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats vor", sagte Putin in einer langen TV-Ansprache am Montagabend. Die ukrainische Staatsführung habe die "Tragödie der Kirchenspaltung" zynisch zu einem Instrument ihrer Staatspolitik gemacht.
In das Parlament in Kiew seien neue Gesetzentwürfe eingebracht worden, die sich gegen den Klerus und Millionen Mitglieder der Kirche des Moskauer Patriarchats richteten. Kiew reagiere nicht auf Forderungen, Gesetze aufzuheben, die die Rechte der Gläubigen verletzten, so die Vorwürfe Putins. Ähnlich äußerte sich der russische Außenminister Sergej Lawrow. In der Ukraine würden Orthodoxe und "alles, was russisch ist" angegriffen, zitierte ihn die Moskauer Agentur "Interfax".
Putin hatte am Montagabend die "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk per Dekret als unabhängige Staaten anerkannt und die Entsendung russischer Truppen angekündigt. Beide Regionen gehören zur Ukraine, sind aber seit 2014 unter der Kontrolle prorussischer Separatisten.

Zwei konkurrierende Kirchen. Rund 60 Prozent der 45 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören im Wesentliche zwei verschiedenen Kirchen an: der von Metropolit Onufrij (Berezovskij) geleiteten "Ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats" (UOK-MP) und der autokephalen (eigenständigen) "Orthodoxen Kirche der Ukraine" (OKU) mit Metropolit Epifanij (Dumenko) an der Spitze.
Die OKU entstand Ende 2018 aus dem 1992 gegründeten Kiewer Patriarchat und der 1921 ins Leben gerufenen "Ukrainischen Autokephalen Orthodoxen Kirche". In dem Land war angesichts des Krieges in der Ostukraine zwischen von Moskau unterstützten Separatisten und ukrainischen Regierungstruppen der Ruf nach einer von Russland unabhängigen orthodoxen Kirche lauter geworden.
Das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel, hatte erfolglos versucht, mit einem sogenannten Vereinigungskonzil im Dezember 2018 den Zusammenschluss aller drei Kirchen zu erreichen. Die neue Orthodoxe Kirche der Ukraine erkannte er Anfang Jänner 2019 als "autokephal" (unabhängig) an und stellte sie so allen 14 bestehenden orthodoxen Landeskirchen gleich.

Ukraine für Moskau orthodoxes Stammland. Die Russisch-orthodoxe Kirche betrachtet die Ukraine als ihr Stammland und lehnt die kirchliche Unabhängigkeit für das südliche Nachbarland strikt ab. Die moskautreue Kirche verfügt in der Ukraine über deutlich mehr Gemeinden als die neue Kirche. Sie räumte aber den Verlust von rund 100 Pfarren an die orthodoxe Kirche der Ukraine ein. Für einen Wechsel einer Kirchengemeinde ist laut ukrainischem Recht jeweils die Zustimmung von zwei Dritteln ihrer Gläubigen nötig. Laut einer vor wenigen Wochen vom Kiewer Rasumkow-Zentrum gemeinsam mit der Konrad-Adenauer-Stiftung veröffentlichten Studie bekennen sich in der Ukraine inzwischen etwa doppelt so viele Christen zur "Orthodoxen Kirche der Ukraine" (OKU) wie zur "Ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats" (UOK-MP).
Das Moskauer Patriarchat selbst schwieg in den vergangenen Wochen zum aktuellen politischen Konflikt um die Ukraine. Allerdings rief die orthodoxe Kirche in Russland Ende vergangener Woche zu Unterstützung von Flüchtlingen aus der ostukrainischen Region Donbass auf. Diese Menschen befänden sich in einer äußerst schwierigen Situation, erklärte der Metropolit von Rostow am Don. Mehrere orthodoxe Metropolien in an die Ukraine grenzenden Regionen riefen zu Kirchensammlungen für diese Hilfe auf.    KAP

Autor:

Redaktion martinus aus Burgenland | martinus

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