Jesuitenpater Luis Gutheinz aus Tannheim ist Theologieprofessor in Taiwan.
Die Mission des Luis Gutheinz

Profilierter Brückenbauer im Dialog zwischen christlichem Glauben und chinesischer Kultur: der aus Tannheim stammende P. Luis Gutheinz. | Foto: Diözese Innsbruck
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Jesuitenpater Luis Gutheinz (87) aus Tannheim ist Theologieprofessor in Taiwan (Asien). 1953 trat er bei den Jesuiten unter der Bedingung ein, nach der ordensüblichen Ausbildung in die China-Mission geschickt zu werden. Dieser Wunsch wurde 1961 Wirklichkeit. Allerdings führte ihn sein Weg aufgrund der Zeitumstände nicht nach Festland-China, sondern nach Taiwan, wo er zunächst zwei Jahre lang Mandarin-Chinesisch lernte. Christlicher Glaube und chinesische Kultur – wie geht das zusammen?

Es war am Missionssonntag 1952 im Bischöflichen Gymnasium Paulinum. Der Vorbeter sagte: „Liebe Mitschüler, jetzt beten wir für die verfolgte Kirche in China“. Für Luis Gutheinz war in diesem Augenblick klar: „Luis, du gehst nach China!“ Nach der Matura sollte Sankt Andrä im Lavanttal die nächste Station des jungen Luis werden. Von dort ging es an die Ordenshochschule nach Pullach bei München und anschließend an das Internat der Jesuiten nach Linz, wo er als Präfekt Jugendarbeit machte. Kurz vor seiner Abreise in den Fernen Osten – er verbrachte im Juli 1961 einige Tage im Jesuitenkolleg Innsbruck – ereilte ihn die Botschaft vom Tod seiner Mutter. „Mit Tränen in den Augen“ ging der junge Abenteurer, ausgestattet mit sechs Kisten für die Missionare auf Taiwan, in Rotterdam an Bord eines Frachtschiffes.

So viele Chinesen.
Während der folgenden fünf Wochen erkannte der aus dem Land im Gebirge stammende Tiroler „wie viel Wasser es auf dieser Welt gibt“. In Hongkong – es war am 13. September – stieß er auf die chinesische Welt und erinnerte sich sogleich an die Worte seiner Mutter („Chinesen sind so viele, und sie schauen alle gleich aus. Wie kannst du unterscheiden wer wer ist?“). Und er fragte sich „wie Mama das hat wissen können“ in dem Moment, als drei Zollbeamte mit jeweils schwarzem Haar, weißem Hemd und schwarzen Hosen“ aus einem Büro liefen. Wenige Minuten später befand er sich in einer ähnlichen Situation; er war überwältigt von den unendlich vielen und schönen Schriftzeichen. „Luis, die wirst du nie lernen! Wie kannst du das schaffen?“, murmelte er so vor sich hin, als ihm plötzlich der aufmunternde und ermutigende Zuspruch seines Vaters während einer Kutschenfahrt in den Sinn kam: „Luis, du kaascht es“. Für Luis war der Zuspruch des Vaters „ein Zeugnis einer unverdienten Gnade des Vertrauens, eine tragende Kraft bis heute “.Ein Moment der Gnade war auch, als er im Zug sitzend via Lautsprecher Brahms‘ Wiegenlied „Guten Abend, gut‘ Nacht“ hört. Für ihn ein „Zeichen Gottes“. Und er ergänzt: „Ich sprach mir mit den Worten „Luis, es wird gehen“ Mut zu“.

Eine harte Nuss.
Die zwei Jahre an der Sprachschule in Xinzhu waren für den wissensdurstigen Studenten „eine harte Nuss“. Während des zweiten Jahres seiner Ausbildung baten er und seine Mitbrüder ihren Lehrer, für sie ein Weihnachtsstück zu schreiben, da sie es in einem darstellenden Spiel den vielen neugetauften Christen im größten öffentlichen Saal von Xinzhu präsentieren wollten. In kürzester Zeit lernten sie zu zwölft die Texte und die Rollen für den Auftritt. Nach etwa zehn Minuten kam die Stelle, an der Luis einen Geizhals zu spielen und seinen Witz zu erzählen hatte. Er legte seine ganze Leidenschaft in die Präsentation hinein; da spendeten mehr als 5oo Personen rauschenden Beifall. Luis kapierte was geschah, frohlockte vor lauter Freude mit und ertappte sich ein wenig später bei seinen Erinnerungen an den herzensguten Vater; da tauchte schon wieder dieses „Luis, du kaascht es“ auf.„Luis, fall nit um!“ Nach der Sprachschule setzte Luis Gutheinz seine theologischen Studien auf den Philippen fort. Die Vorlesungen und weiteren Kurse wurden in lateinischer Sprache gehalten.
1968 beschlossen die Bischöfe von Taiwan, in der theologischen Ausbildung Chinesisch einzuführen. Die älteren Semester der Professoren, der chinesischen Sprache nicht mächtig, mussten jüngeren weichen. Und Gutheinz lehrte drei Semester lang Theologie – für ihn die schwierigste Phase seines Lebens. Immer wieder wiederholte er seine fast zum Stehsatz gewordenen Worte „Luis, fall nit um“! Er fiel nicht um sondern kam 197o nach Rom, um dort seine theologischen und sprachwissenschaftlichen Studien weiter zu vertiefen (Hebräisch und Sanskrit). 1974 ging es wieder „heim“ nach Taiwan, um an der Theologischen Fu-Jen-Universität Dogmatik zu unterrichten.

Sternstunde.
Eine Sternstunde in seinem wissenschaftlichen Leben war die Gründung einer Kommission, deren Aufgabe es ist, theologische Arbeitsinstrumente auf Chinesisch bereitzustellen. Als Brückenbauer zwischen dem christlichen Glauben und der chinesischen Kultur koordinierte Gutheinz bis Juli 2o19 die harte Denkarbeit der „Fu Jen Theological Publications Association“. Es ist der Versuch, die Begriffe der westlichen Theologie mit den Bildern der östlichen Geisteswelt zu erklären. Über die Jahre wurden eine Reihe von Standardwerken in chinesischer Sprache veröffentlicht – unter anderem der Denzinger/Hünermann, das einmalige Kompendium dogmatischer und moraltheologischer Quellentexte. Aktuell in Vorbereitung ist die Publikation einer katholischen Bibelenzyklopädie.

Gott trägt uns.
Am Ende des Tiroler Sonntag-Gesprächs ist es P. Luis Gutheinz ein Anliegen, auf die theologische Note seiner Doktorarbeit „Die Funktion der Praxis in der Methode der systematischen Theologie“ hinzuweisen. Denn sein konkretes theologisches Leben mündete sehr bald in die Arbeit für Leprakranke, und ihr entspringt seine Einsicht, dass im Miteinander Heilserfahrung spürbar wird. Im Laufe seines Lebens habe er immer wieder die besondere Begleitung des dreieinigen Gottes erfahren: „Jesus, der als Emanuel bei uns und mit uns ist, lässt uns erleben, dass der dreieinige Gott uns trägt. Durch ihn wirkt Erlösung; Jesu Tod und Auferstehung sind die Grundpfeiler unseres Glaubens.“
Gutheinz bedauert, „dass wir Christen zu sehr das Sterben am Kreuz in den Mittelpunkt rücken; er möchte das Ostergeheimnis stärker betont wissen“. So gehöre bei jedem Besuch des Jesuitenkollegs Innsbruck der Gang in die Hauskapelle einfach dazu. Was ihn dort auch so beeindrucke, sei das Apsis-Mosaik: Jesus, als das zentrale Geheimnis des Glaubens. Mit dem Kreuz zu seiner Rechten stehe Christus als Priester mit Messkleid und Stola auf der Erdkugel vor der Stadtmauer des neuen Jerusalems.
Auf Chinesisch heißt Gutheinz übrigens „Gu Han Song“, was „Tanne im Wintertal“ bedeutet.

Autor:

TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag

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