Vom Leben auf einem Bergbauernhof
Weit oben am Berg

Vom Leben auf dem Bergbauernhof schreibt Maria Radziwon. | Foto: Radziwon

Seit 2008 lebt Maria Radziwon im Kärnter Mölltal. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Darek und ihren vier Kindern bewirtschaftet sie dort einen Bergbauernhof. In ihrem neuen Buch „Unser Leben auf dem Bergbauernhof“ berichtet sie von diesem Familienabenteuer. Der Tiroler Sonntag veröffentlicht Auszüge.

Das erste Jahr wohl das schwierigste. Wir waren es nicht gewohnt, Wind und Wetter so ausgesetzt zu sein. Wir hatten keine Ahnung von Landwirtschaft und konzentrierten uns hauptsächlich auf das alte Bauernhaus meiner Großeltern. Sehr schnell hatten wir festgestellt, dass hier in den 70er-Jahren wohl das letzte Mal etwas Grundlegendes gemacht worden war. Die Wände waren noch mit Strohmatten verputzt, die im Laufe der Jahrzehnte nach unten gerutscht waren und nun in Bodennähe richtige „Bäuche“ an der Wand bildeten. Es gab kein Heizungssystem, kein fließendes Warmwasser…

Wege finden. In unserem ersten Winter auf dem Hof im Jahr 2008 schneite es über Nacht mehr als einen Meter. Beim Öffnen der Haustüre war es kaum möglich, hinüber zum Stallgebäude zu sehen. Unser Auto war unter den Schneemassen versunken und die Straße zu uns herauf nicht mehr zu erkennen. Auch wenn es eine wunderschöne weiße Pracht war, war es beängstigend. Vor allem als dann der Schneepflug unten vorbeifuhr und offensichtlich nicht daran dachte, dass der Weg zu unserem Hof auch geräumt werden sollte – das Haus war ja mittlerweile bewohnt!

Zwischen Himmel und Erde. Es gibt Tage, an denen ich einfach nur durch die Felder streife und ab und zu innehalte. Tage, an denen ich den Blick schweifen lasse und fast ein wenig ungläubig all das betrachte, was es hier zu sehen gibt. Nicht dass das großartige oder herausragende Dinge wären – aber sie sind kostbar. Für mich. Für uns. Für unseren Hof.

Anderer Blickwinkel. Man braucht einen langen Atem, wenn man schon viel anderes erlebt und gesehen hat – und dann hier landet. Ein wenig fühlt sich manches an wie „Zeitverzögerung“ und es dauerte einige Jahre, bis wir dies als wirklich großen Schatz für uns entdecken konnten.

Neuer Alltag. Heute – gut zehn Jahre später – fühlt sich manches schon ganz selbstverständlich an. Wir werden nicht mehr (nur) als die „Stadtler“ oder die „Zugezogenen“ bezeichnet. Mein Mann ist der „junge Schott“, ich die „Schottin“ und die Kinder sind die „Schottkinder“. Als wir das vor vielleicht zwei Jahren zum ersten Mal hörten, verstanden wir: Jetzt erst sind wir hier wirklich angekommen. Nun rechnet wohl kaum mehr jemand damit, dass wir aufgeben und in die Stadt zurückgehen.

Zurückfinden. Nun – die ersten Schritte hier waren nicht einfach. Um genau zu sein: Sie waren hart. In Summe eigentlich kaum auszuhalten, aber es kam nicht alles zugleich. Schritt für Schritt arbeiteten wir uns durch die einzelnen Erfahrungen. Sie schweißten uns als Paar zusammen, ließen meinen Mann sehen, wie ich ins scheinbar Bodenlose fiel nach dem Tod unseres Kindes, und schenkten mir die Erfahrung eines Menschen, der bei mir blieb, der es aushielt, dass ich nicht mehr „ich“ war und nur noch Tränen hatte.

Lernen. Es brauchte Jahre, um die Wolken am Himmel deuten zu können und gute Quellen für den Wetterbericht der Region zu finden. Wir mussten lernen, kleine Fortschritte zu machen und geduldig zu sein, vor allem mit uns selbst.

Herausgefordert im Vertrauen. Es tut mir gut, immer wieder zu erleben, dass ich nicht alles in der Hand habe. Ich werde herausgefordert im Vertrauen und ich spüre, dass das letztlich doch am meisten trägt. Schöpfungsverantwortung wird immer wichtiger für mich und uns.

Eigene Regeln. Die Natur hat ihre eigenen Regeln und gerade im Frühjahr fällt mir oft der Satz aus der Schöpfungsgeschichte ein: „Gott sah, dass es gut war.“ Ja – es ist „gut“. Ganz ohne menschliches Zutun.

Neues Buch: Unser Leben auf dem Bergbauernhof
Wer dieses Buch liest, lernt das Zuhause der „Salzstreuer“-Kolumnistin Maria Radziwon kennen. Umgeben von der steilen Landschaft des Mölltales hat sie mit ihrer Familie ein neues Leben als Bäuerin begonnen. Das Buch erzählt von Grenzerfahrungen und wie die Treue zu einem Traum Kraft gibt – nicht aufzugeben, durchzuhalten und weiterzumachen. Ein berührend kraftvolles Buch voller Lebensweisheit.

Maria Radziwon. Unser Leben auf dem Bergbauernhof. Zwischen Himmel und Erde. Benno Verlag. 128 Seiten – mit zahlreichen Abbildungen. € 19,50; ISBN 978-3-7462-5926-0

Autor:

TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag

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