4. Sonntag der Osterzeit | 3.5.2020
Meditation

Foto: Neuhold

Damit Menschen blühen.
Ein Wort hat sich in meine Erinnerung tief eingegraben, das mir ein Priester vor vielen Jahren zugesprochen hat, als sich in mir der Wunsch gemeldet hatte, Priester zu werden. Ich hatte diesen nämlich gefragt, was man denn als Priester zu tun habe. Seine Antwort: „Der Priester steht betend, bittend und hoffend vor Gott für Menschen, die ihm anvertraut sind.“

Es berührt mein Herz, wenn ich weiß, dass jemand mein Leben betend vor Gott hinträgt. Es ist bewegend zu wissen, dass jemand mir Gutes wünscht und diesen Segenswunsch zu Gott bringt. So können wir alle priesterlich wirken, wenn wir für andere betend und hoffend im Angesicht Gottes leben – und dadurch Raum schaffen, dass Gott in uns und durch uns wirken kann.
Priester sind in besonderer Weise „Menschen für andere“. Das sind Menschen, die nicht für sich leben, sondern mit einem Blick für den Dienst an den anderen, mit einem Blick auf den Dienst am Gemeinwohl und der Gemeinschaft. Menschen für andere wollen natürlich auch blühen und gedeihen; aber sie leben nicht in einer Weise, die sie stets den eigenen Vorteil suchen lässt.
Priester sind Menschen, die die Menschen lieben; Priester sind Menschen, die wirklich, wirklich wollen, dass Menschen zum Blühen kommen, dass sie Freude in Fülle haben. Was braucht es dazu?

Nach meinem Verständnis braucht es eine zweifache Aufmerksamkeit. Zunächst eine Wachsamkeit für Gott – die Gottesfrage darf im Priester nicht zur Ruhe kommen. Die zweite Aufmerksamkeit gilt dem Menschen. Für mich war diesbezüglich ein Wort aus der Antike leitend: „Wie schön ist der Mensch, wenn er wirklich Mensch ist.“ Ich habe eine geläuterte Schönheit gerade bei Menschen entdecken dürfen, die es schwer haben, leidend sind oder in irgendeiner Weise gescheitert. Aus den zwei Aufmerksamkeiten habe ich meine Definition des Priesterseins gefunden: Freund Gottes und Freund der Menschen zu sein.

Ein Priester ist ein Mensch, der in besonderer Weise freundschaftsfähig ist. Und wie jede gute Freundschaft wird auch ein Priester durch die Beziehungen herausgeführt aus dem Gewohnten und Bequemen.

Als Priester, Bischof, ist man nicht in eigener Mission unterwegs, vielmehr gesendet, zu Menschen geschickt, und zwar mit einer frohen Botschaft.
aus: Franz Lackner / Clemens Sedmak,
kaum zu glauben, tyrolia
In Kursivschrift: Texte von Clemens Sedmak.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ