4. Adventsonntag | 18. Dezember 2022
Meditation

Foto: Neuhold

Geschafft!

Mag sein, dass kurz vor Heiligabend manche genau dieses Gefühl haben werden: Ich hab‘s geschafft – aber jetzt bin ich auch geschafft!
Man hat sich durch seine diversen Einkaufs- und Putz- und Postlisten regelrecht durchgekämpft. Jetzt ist fast alles getan, bis auf die eine oder andere Kleinigkeit vielleicht, aber dafür hat man ja dann notfalls auch am Heiligabend noch Zeit. Und man lehnt sich ein wenig gemütlich zurück und denkt: Jetzt kann Weihnachten werden!

Und es könnte sein, dass gerade dies der alleradventlichste Gedanke ist, den man in den letzten Wochen gedacht haben mag – jetzt kann Weihnachten werden!
Weihnachten kann man nicht machen. Weihnachten ist und wird und geschieht und wird uns geschenkt. Lange bevor wir etwas tun konnten, hat Gott etwas getan. Und das, was Gott uns da schenkt, das können wir nicht herbeiputzen, irgendwo einkaufen, mit Weihnachtsgrüßen herbeischreiben – das wird uns einfach geschenkt.
Es braucht nur eine Voraussetzung: Wir müssen bereit sein, uns beschenken zu lassen, uns von Gott beschenken zu lassen.

Das Wort „schenken“ kommt übrigens von „jemandem etwas zu trinken geben“ und findet sich noch heute im Wort „einschenken“ und „ausschenken“. Man gibt demjenigen etwas zu trinken, der durstig ist.
Wenn wir uns von Gott beschenken lassen wollen, dann setzt dies voraus, dass wir „durstig nach Gott“ sind, dass in uns eine Sehnsucht lebt, eine Sehnsucht nach Leben und Lebendigkeit.
Und das ist mehr und etwas anderes als das allerteuerste Geschenk, das unter dem Weihnachtsbaum liegen kann. Was Gott uns in diesem Kind schenkt, ist etwas, das keinen Cent mehr aufs Bankkonto bringt, das die Sorgen nicht wegnimmt, nichts, wovon die nächste Ratenzahlung oder der notwendige Wintermantel bezahlt werden können.

Aber es ist das, wovon in der Adventzeit so oft in den Lesungen der Gottesdienste die Rede ist: Die Augen der Blinden, die Ohren der Tauben werden geöffnet, der Lahme springt umher, die Zunge des Stummen jauchzt auf, dann liegen Kalb und Löwe friedlich beieinander …
Vielleicht sollte ich in den letzten Tagen vor Heiligabend, wenn ich gerade denke „Jetzt ist alles geschafft!“, doch noch einmal dem Gedanken nachspüren, ob ich wirklich noch durstig bin nach Leben und Lebendigkeit, durstig nach Gott.

Aus: Andrea Schwarz, Gib dem Engel eine Chance, Herder

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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