7. Sonntag der Osterzeit | 29. Mai 2022
Meditation

Foto: Wimmer

Samstag ist Aufräumtag

Samstags ist bei uns Haushaltstag. Ich erledige da alles, was in der Woche so liegen geblieben ist: Ich wasche Wäsche, putze die Küche, entsorge den Müll. Danach gehe ich einkaufen und stelle fest: Den meisten geht das genauso! Lange Zeit fand ich diese Samstagsbeschäftigung lästig. Ich könnte so viel anderes in dieser Zeit unternehmen, das mehr Spaß macht und interessanter ist. Aber irgendwann ist mir aufgefallen, dass ich samstagnachmittags ziemlich gut gelaunt bin. Ordnung herrscht in den Zimmern, die Dinge haben wieder ihren Platz. Frische Blumen stehen auf dem Tisch. Alles strahlt Harmonie, ja Schönheit aus.

Darum sehe ich den Samstagmorgen inzwischen anders. Er ist eine kleine Wochenend-Meditation für mich. Während ich aufräume und sortiere, schaffe ich auch in mir selber wieder Ordnung. Ich habe Zeit zum Nachdenken und blicke auf die Woche zurück: Die dreckigen Schuhe erinnern an den Regentag, die Krümel an das Familienfrühstück, die Rechnung an das neue Fahrrad im Keller. Ich lege das zur Seite, was ich nicht mehr brauche. Während ich mit lauter kleinen Handgriffen beschäftigt bin, ruckelt sich auch meine Seele zurecht. Ich bekomme Abstand zu dem, was mich in der Woche geärgert hat. Im Rückblick kann ich sagen: Ach, so schlimm war das eigentlich nicht! Beim Aufräumen werde auch ich aufgeräumter. Ich mache nicht nur etwas, auch in mir geschieht etwas.

Die Theologin Ina Prätorius hat Aufräumen mit dem Beten verglichen. Sie schreibt in einem Gebet:
Wenn ich bete, machst du, Gott, Ordnung in mir. Wie ich mein Zimmer aufräume und die Bettdecke glatt streiche …, so räumst du meine Gefühle und Gedanken auf.

Beim Beten spürt Ina Prätorius, wie Gott den Dingen und Erfahrungen ihren Platz gibt. Im Gespräch mit Gott sortiert sich das Unwichtige von dem, was wirklich wichtig ist. Gott ordnet mit Schöpferhand, was in Unordnung geraten ist. Am Ende ist die Betende wie verwandelt. Das Gebet von Ina Prätorius endet mit den Worten:
Schön und einladend werde ich wie mein aufgeräumtes Zimmer, offen für Besuch und für das Neue, das zu mir will.

So betet Ina Prätorius. Darum freue ich mich heute auf meinen Aufräum-Samstagvormittag.

Dr. Ursula Schoen in der Reihe „hr2 Zuspruch“ im Hessischen Rundfunk, 10. 3. 2018. – kirche-im-hr.de © Medienhaus der EKHN GmbH/Dr. Ursula Schoen.

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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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