4. Sonntag der Osterzeit | 8. Mai 2022
Meditation
Mutter, dir dank ich es
Du
Licht strahlt aus deinem Herzen,
Grübchen erscheinen beim Lachen.
Enkel um dich, die scherzen
und Du, immer weiter machen.
Liebe müsse man im Herzen,
sagst du, und Erinnerungen haben.
Beat Jan
mutters früher tod
mutters früher tod
hat mich zum zweiten mal geboren
mit eselsohren
und der langen nase des pinocchio
so findet man mich leicht
ich bin verloren
Ernst Jandl, 1925–2000, österreichischer Dichter
und Schriftsteller
Keine Mutter
Man spricht so viel von dem großen Glück des Kindes, das die Mutterliebe ihm gibt, man spricht von dem trauervollen Geschick der Kinder, die früh die Mutter verloren. Aber man spricht nicht von dem viel größeren Unglück des Kindes, das eine Mutter hat, die keine Mutter ist.
Hedwig Dohm, 1831–1919, deutsche Schriftstellerin und Frauenrrechtlerin
Mutterhand
Bin ich in meinem tiefsten Herzen gut,
Hat meine Lieb mit fremder Not Erbarmen,
Führ ich zurück zu neuem Lebensmut
Mit Trösterwort den letzten Hoffnungsarmen,
Reich ich das Glück, das ich am Wege fand,
Dem andern, dem es wild ein Sturm zerwehte
– Dir dank ich es, du treue Mutterhand,
Die in mein Herz so reiche Liebe säte.
Josef Rudolf Woworsky, 1886–1971, steirischer Priester und Schriftsteller
An meine Mutter
So gern hätt‘ ich ein schönes Lied gemacht
Von Deiner Liebe, deiner treuen …;
Die Gabe, die für andre immer wacht,
Hätt’ ich so gern geweckt zu deinem Preise.
Doch wie ich auch gesonnen mehr und mehr,
Und wie ich auch die Reime mochte stellen,
Des Herzens Fluten rollten drüber her,
Zerstörten mir des Liedes zarte Wellen.
So nimm die einfach schlichte Gabe hin,
Vom einfach ungeschmückten Wort getragen,
Und meine ganze Seele nimm darin:
Wo man am meisten fühlt, weiß man nicht viel zu sagen!
Annette von Droste-Hülshoff, 1797–1848, Schriftstellerin
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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