23. Sonntag im Jahreskreis | 10. September 2023
Kommentar
Rache ist nicht süß, Rache macht bitter
Was tun, wenn ein Freund, ein Mensch, der mir nahesteht, mir Unrecht tut oder Leid zufügt? Es entsteht ein Riss in der Beziehung zu ihm, die Vertrauensbasis ist brüchig geworden. Es kommt zu Verletzungen, Enttäuschung und Kränkung. Der erste Impuls, der sich in uns regt, ist meistens der Schrei nach Rache und Vergeltung. Wenn ich leiden muss, soll es der andere auch tun. Und wir beklagen uns bei jeder Gelegenheit über das unmögliche Verhalten dieses Menschen.
Fast zwangsläufig führt dieser Mechanismus der Abrechnung jedoch dazu, dass die Beziehung endgültig zerbricht. Man geht sich aus dem Weg und hat sich nichts mehr zu sagen. Es bedeutet für beide Seiten einen schweren Verlust und eine Einschränkung von Lebensräumen.
Es wird oft gesagt: Rache ist süß. Sie mag eine kurzzeitige Befriedigung und Genugtuung bewirken, doch bald schon hinterlässt Rache eine Bitterkeit. Die erlittenen Verletzungen verhärten sich, sie können nicht heilen und bleiben erhalten. Jesus empfiehlt ein Vorgehen in der umgekehrten Reihenfolge. Zuallererst sollen wir das Gespräch mit der betreffenden Person selbst suchen, sie auf die erlittene Kränkung hinweisen, die ihr vielleicht gar nicht bewusst war, und ihr die Möglichkeit zur Wiedergutmachung geben. Lässt sich so der Konflikt aus der Welt schaffen, braucht gar niemand anderer davon zu erfahren. So kann Heilung und Versöhnung geschehen. Erst als Ultima Ratio bei anhaltender Uneinsichtigkeit sollte die Öffentlichkeit einbezogen und ein Abbruch der Beziehung in Betracht gezogen werden.
Alfred Jokesch
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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