6. Sonntag der Osterzeit | 22. Mai 2022
Kommentar

Jesus als Untermieter

Über leerstehende Wohnungen wird momentan viel diskutiert. Ist es sozial gerechtfertigt, eine Wohnung als reine Wertanlage zu erwerben, während gleichzeitig ein Mangel an leistbarem Wohnraum besteht und die Immobilienpreise durch die Decke gehen? Ist es ökologisch vertretbar, immer mehr neue Wohnungen zu bauen, obwohl die bereits existierenden längst nicht alle benützt werden? Die Politik möchte nun dem problematischen Trend mit einer Leerstandsabgabe entgegenwirken. Ein großer Akt der Nächstenliebe wäre es – was aktuell auch bereits viele getan haben –, solche Wohnungen Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen.

Neben einer materiellen Wohnung, einem physischen Dach über dem Kopf, ist auch die spirituelle Behausung des Menschen sehr wichtig. Wem gebe ich Raum in meiner Seele, und wofür nütze ich dieses Kämmerchen in meinem Innersten? Ich denke, dass es auch auf dieser Ebene viel Leerstand gibt und viele Menschen die spirituellen Räume in sich selbst unbenützt lassen – gleichsam ohne Heizung, Wasser und Strom, ohne das, was dem Herzen Wärme, Lebensquell und Energie gibt.

Ein Ausdruck von Liebe wäre es in diesem Fall, den Raum in seiner Seele Gott anzubieten. Jesus hat Sehnsucht danach, ihn zu bewohnen. Er verspricht seinen Jüngern beim Abschied: Wenn sie ihn lieben und ihn einlassen, dann werden er und der Vater bei ihnen Wohnung nehmen. Und dann wird sich auch die Leere in ihrer Seele in Fülle verwandeln, dann werden sie fähig, den Heiligen Geist zu empfangen, jene göttliche Energiequelle, die in ihnen zu fließen beginnt und sie mit Frieden, Mut und Freude erfüllt.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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