4. Sonntag der Osterzeit | 8. Mai 2022
Kommentar

Eine Stimme, auf die man gerne hört

Die Würdigungen des Lebenswerkes von Ivica Osim, „Jahrhunderttrainer“ des SK Sturm, sparen nicht mit Superlativen. Der am 1. Mai verstorbene Bosnier war viel mehr als ein Trainer und Fußballphilosoph, er prägte Spieler und Fans nicht nur durch enorme Fachkompetenz und eine Spielanlage, die der Zeit voraus war, sondern auch durch seine menschliche Größe. Man hörte respektvoll, beinahe andächtig auf seine Stimme und seine Expertise, die auch in Zeiten größter sportlicher Höhenflüge immer sehr nüchtern ausfiel und bestrebt war, den Ball am Boden zu halten. Als „schwoarzer Messias“ hätte sich Osim niemals aufgespielt, aber das Bild des Hirten hätte ihm vielleicht gefallen.

Was für eine Fußballmannschaft die Trainerpersönlichkeit, ist für unseren Glauben die Person Jesu Christi. Hier wie dort ist eine enge, vertrauensvolle Beziehung entscheidend. Jesus vergleicht sie mit der zwischen einem Hirten und seiner Herde. Er umreißt sie als eine innige Lebensgemeinschaft, die einerseits davon geprägt ist, dass Jesus mich genau kennt – in der Tiefe meines Wesens, mit all meinen Eigenheiten und Bedürfnissen, mit meinen Fähigkeiten und Begabungen ebenso wie mit meinen Schwächen, Fehlern und Begrenztheiten. Und andererseits davon, dass ich auf ihn höre und ihm folge, weil ich die feste Gewissheit habe, dass er mir Gutes will, dass er nicht bloß den Weg kennt, sondern meinen Weg kennt und mir zeigt, wie mein Leben gelingen kann. Ihm liegt daran, dass ich nicht zugrunde gehe, sondern zur Fülle des Lebens vordringe.

Alfred Jokesch

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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